Vorstellen ohne sich zu verstellen: Das Vorstellungsgespräch
Sie lieben Ihren Beruf, aber Ihre Arbeitsbedingungen sind verbesserungswürdig oder sogar inakzeptabel? Sie waren für mehrere Jahre wegen der Familie oder als pflegende Angehörige nicht berufstätig? Die Zeit, den eigenen Marktwert zu testen, war für sogenannte Engpassberufe, zu denen MFAs und ZFAs zählen, nie besser. Dies setzt gültige Regeln für Vorstellungsgespräche nicht außer Kraft, verschafft Ihnen aber eine günstigere Ausgangsposition.
Mentale Einstellung: Alternativen gibt es immer
Es macht Sie um vieles entspannter, wenn Sie sich verändern wollen, nicht müssen. Sie sind sich Ihrer Fähigkeiten und Stärken bewusst. Versteifen Sie sich nicht auf eine ultimative Gelegenheit. Sie haben sich klar gemacht, was und wohin Sie möchten. Sie prüfen neue Optionen für sich und Ihren weiteren beruflichen Werdegang. Erhalten Sie eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, haben Sie die wichtigste Hürde genommen. Die Arbeitgeberin ist an Ihnen interessiert. Ihre im Bewerbungsschreiben dargelegten fachlichen Erfahrungen konnten überzeugen.
Präsentieren ohne Widersprüche
Es ist wahrscheinlich, dass Ihr potenzieller Arbeitgeber in Not ist: Eine Fachkraft hat gekündigt, es gibt krankheitsbedingten Ausfall oder Personal geht in den Ruhestand. Nach Angaben der Arbeitsagentur dauerte es im Jahr 2020 durchschnittlich 89 Tage (MFA) bzw. 122 Tage (ZFA), bevor eine vakante Stelle besetzt werden konnte. Mit der Einladung zum Gespräch signalisiert man Ihnen, dass man Sie im Team haben möchte. Ob die Praxisinhaberin bzw. der Praxisinhaber oder die Praxismanagerin entschieden hat, wissen Sie nicht. Oft erfahren Sie vorher auch nicht, wer das Vorstellungsgespräch mit Ihnen führen wird. Während praxisführende Ärzte oder Ärztinnen mehr auf Ihre konkreten Fähigkeiten und das Gehalt fokussieren, wollen Praxismanagerinnen herausfinden, ob Sie ins Team passen und ob man Ihnen vertrauen kann. Üben Sie im Freundeskreis oder in der Familie, wie Sie Ihren Werdegang und Ihre beruflichen Pläne selbstbewusst schildern. Widersprüche wie nicht stimmige Zeiträume oder Tätigkeitsbeschreibungen sollten nicht erst in einem realen Bewerbungsgespräch auffallen.
Gute Vorbereitung schafft innere Ruhe
Lesen Sie sich vorher noch einmal Ihre versendeten Bewerbungsschreiben und den Lebenslauf durch. Verinnerlichen Sie Ihr fachliches Profil und die Ihnen bekannten Informationen des Unternehmens. Nehmen Sie das Einladungsschreiben, eine Anfahrtsbeschreibung, die Telefonnummer und Schreibzeug mit. Planen Sie ausreichend Zeit für den Weg ein und sorgen Sie dafür, dass Sie pünktlich erscheinen. Wählen Sie etwas elegantere Kleidung, als Sie sie im Alltag tragen. Wichtig ist: Sie müssen sich wohlfühlen. Wer in Absatzschuhen schlecht laufen kann, sollte sie auch nicht zum Vorstellungsgespräch tragen. Viele Bewerbungscoachs raten: Es kommt darauf an, wie Sie etwas sagen, weniger auf den Inhalt. Sie müssen mit provozierenden oder unerlaubten Fragen rechnen. Je souveräner Sie reagieren, desto besser.
Auf das Gegenüber einstellen
In Arzt- und Zahnarztpraxen laufen Vorstellungsgespräche anders ab als in Klinikkonzernen mit professionellen Personalabteilungen. Vorgesetzte in Kleinunternehmen sind selten für Rekrutierungsprozesse ausgebildet. Für viele Mediziner und Praxismanagerinnen sind Bewerbungsgespräche keine Routine. Ein Indiz dafür ist, dass die Gesprächsführerin ohne einführende Worte, manchmal sogar ohne Vorstellung der beteiligten Personen, Ihnen sofort das Wort erteilt und Sie bittet, über Ihre Person zu erzählen. Oder mit der Tür ins Haus fällt und – wie jüngst in sozialen Netzwerken berichtet – als Erstes fragt: „Sind Sie geimpft?“ Bleiben Sie auch freundlich, wenn Ihr Gegenüber erst in Ihrem Beisein in Ihren Bewerbungsunterlagen blättert. Akzeptieren Sie die Rollen. Seien Sie verständnisvoll, ohne devot zu erscheinen.
Dos and Don'ts - die häufigsten Fragen
Es gibt keine Pauschalrezepte für erfolgreiche Vorstellungsgespräche. Je besser Sie gedanklich vorbereitet sind, desto authentischer und sympathischer werden Sie wahrgenommen. Arbeitsrechtlich sind beispielsweise Fragen nach der sexuellen Orientierung, nach Familienplanung, Schwangerschaft oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erlaubt. Häufige Fragen können sein:
- Wenn Sie nicht MFA/ZFA geworden wären, welcher Beruf hätte Sie gereizt?
- Warum wollen Sie bei uns arbeiten?
- Wie finden Sie unsere Homepage?
- Welche Praxisprogramme beherrschen Sie?
- An welcher Weiterbildung haben Sie zuletzt teilgenommen?
- Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf am besten/am wenigsten?
- Welche berufliche Entscheidung war Ihre beste?
- Weshalb wurden Sie gekündigt?
- Warum wollen Sie sich (jetzt) verändern?
- Was sind Ihre Stärken und Schwächen?
- Für wie teamfähig halten Sie sich?
- Können Sie sich durchsetzen?
- Unter welchen Umständen sind Sie bereit, länger zu arbeiten?
- Wo sehen Sie sich beruflich in fünf Jahren?
- Haben Sie ein Auto?
- Bewerben Sie sich aktuell noch woanders?
- Warum sollten wir uns für Sie entscheiden?
- Wann können Sie anfangen?
- Bevor wir Sie einstellen, müssten Sie (beliebige Zeit) zur Probe arbeiten. Ist das ein Problem?
- Wieso waren Sie mit Ihren Kindern so lange zu Hause?
Sie merken: Einige Fragen liegen an der Grenze des Erlaubten. Trainieren Sie mögliche Antworten. Im ländlichen Raum kann es wichtig sein, zu wissen, wie mobil neue potenzielle Kolleginnen sind. Sprechen Sie nichts an, wonach nicht gefragt wurde, insbesondere keine Probleme.
Interessiert zeigen und nachfragen
Bei einem Vorstellungsgespräch dürfen auch Bewerber fragen. Sie sollen es sogar. Das bekundet, dass Sie sich ernsthaft für die Praxis interessieren. Beispiele:
- Warum ist diese Stelle ausgeschrieben?
- Wer ist meine Vorgesetzte/mein Vorgesetzter?
- Was sind meine konkreten Aufgaben?
- Wie viel Einarbeitungszeit ist geplant und wie läuft sie ab?
- Gibt es Dienstpläne und wie lange im Voraus liegen diese vor?
- Stellt (und wäscht) die Praxis die Arbeitskleidung?
- Wie viele Privatpatienten/Selbstzahlerinnen betreuen Sie?
Die heikle Frage nach dem Gehalt
Vielfach wird heute gefordert, im Bewerbungsschreiben eine Gehaltsvorstellung zu nennen. Es gilt: lieber eine höhere als eine zu niedrige Summe angeben. Statt einer konkreten Zahl ist auch die Angabe einer Tarifstufe legitim. Hat der Arbeitgeber Sie eingeladen, ist Ihr Wunschgehalt im Bereich des Möglichen. Sie wissen, was Sie wert sind. Das setzt voraus, dass die anvisierte Einstufung Ihren Fähigkeiten entspricht. Fragen Sie ggf. nach Entwicklungs- und Steigerungsmöglichkeiten. Erkundigen Sie sich nach Überstundenvergütung und Zusatzleistungen.
Danken und zusagen
Angenommen, die künftige Praxis sagt Ihnen am Ende des Vorstellungsgespräches, dass Sie eingestellt werden. Bedanken Sie sich in jedem Fall und sagen Sie zu. Auch wenn Sie (noch) nicht wechseln wollen oder Ihnen das Angebot nicht gut genug erscheint, bekunden Sie grundsätzlich Interesse. Verbindlich wird die Anstellung erst, wenn Sie Ihren Arbeitsvertrag unterschreiben. Wollen Sie das nicht, sagen Sie freundlich ab. Eine für Sie passendere Stelle muss nicht zwingend vom Gehalt abhängen, sondern kann eine harmonischere Atmosphäre, spannendere Herausforderungen oder einen kürzeren Arbeitsweg bedeuten.
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