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Mit Hitzegefahren in der Praxis gut umgehen

Für die kommenden Tage wird in Teilen Deutschlands extreme Hitze erwartet. Während es viele Tipps für die Allgemeinbevölkerung gibt, wie sie sich vor Gesundheitsschäden schützen kann, sind Hitzeschutzkonzepte für den Gesundheitssektor eher rar. Woran Sie als MFA jetzt denken sollten, um sich selbst, den Praxisbetrieb und Patienten gut durch die heißen Tage zu bringen.

Deutschland ist nicht gut auf Hitze vorbereitet

Im Laufe der Woche wird die Hitzewelle, die zurzeit über Südeuropa liegt, weiter nach Norden ziehen und zuerst den Westen Deutschlands, dann den Osten erreichen. Der Deutsche Wetterdienst erwartet Luft-Temperaturen bis zu 40 Grad. Am Boden und bei direkter Sonneneinstrahlung können die Werte aber noch deutlich darüber liegen.

Auf einer Pressekonferenz rechnete die Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit (KLUG) vor, dass in Deutschland in den Jahren 2018 bis 2020 rund 20.000 Menschen zusätzlich an den Folgen von Hitze starben. Die Fachleute der Allianz erwarten in heißen Sommern fünfstellige Opferzahlen. Die Expertinnen fassen es so zusammen: „Der Klimawandel ist die größte gesundheitliche Bedrohung in diesem Jahrhundert.“ Auch der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer hält fest: „Die Klimaveränderungen sind als medizinischer Notfall einzustufen.“

Deutschland ist auf solche Extremwetterereignisse schlecht vorbereitet, sagen Fachleute. Durch den Klimawandel nehmen Hitzeperioden immer mehr zu: Sie treten öfter auf und dauern länger. Doch kaum eine Kommune hat Hitzeschutzkonzepte, die zusammen mit den Gesundheitseinrichtungen vor Ort erarbeitet wurden. Das führt dazu, dass Arztpraxen, Pflegeheime und -dienste sowie Krankenhäuser zurzeit weitgehend auf sich allein gestellt sind, wenn sie gefährdete Patientinnen und sich selbst vor Gesundheitsschäden schützen wollen.
 

Hausarztpraxen spielen eine wichtige Rolle für den Gesundheitsschutz von Risikopersonen

Die Fachleute betonten, dass es wichtig sei, eine Präventionskultur aufzubauen. Die Behörden müssten die Bevölkerung gezielt warnen und dafür Nachrichten direkt auf Smartphones senden und in Laufbändern bei Fernsehprogrammen bekannt geben, wo man sich über Hitzeschutzräume informieren kann. Kommunen müssten kühle Rückzugsorte zur Verfügung stellen. Bundesbehörden sollten große Bildungskampagnen auflegen, sodass möglichst viele Menschen Symptome von Hitzeerschöpfung und Hitzschlag erkennen und erste Hilfe leisten könnten.

Arztpraxen spielen bei Hitzeschutzkonzepten eine wichtige Rolle. Sie können sich an das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes anschließen lassen, der mit 3 Tagen Vorlauf Warnungen verschickt, wenn im eigenen Landkreis Temperaturen über 32 Grad (starke Wärmebelastung) oder 38 Grad (extreme Wärmebelastung) erreicht werden.

Medizinische Fachangestellte und Ärzte wissen oft über die häusliche Situation der Patientinnen gut Bescheid und könnten einschätzen, wie stark die Hitze eine zusätzliche Gefahr sein könnte. Sie könnten zum Beispiel für bettlägerige Patienten anregen, in ein kühleres Zimmer umzuziehen und bei Menschen, die hitzeempfindlich sind, einen Hausbesuch ansetzen, um ihnen den beschwerlichen Weg in die Praxis zu ersparen. In der Praxis könnten Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und Patienteninformationen ausgelegt werden, die allgemeine und spezielle Verhaltenstipps bei Hitze geben.

Manche Arzneimittel erhöhen das Risiko bei einer Hitzewelle zu sterben. Einige Medikamente, die oft verschrieben werden, wie zum Beispiel Neureleptika, Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) und Sympathomimetika (u.a. zur Behandlung von Asthma, COPD), beeinflussen die zentrale Temperatursteuerung des Körpers, andere, wie zum Beispiel Trizyklika reduzieren die Fähigkeit zu Schwitzen. Es gibt weitere problematische Nebenwirkungen, die die Anpassung des Körpers auf hohe Temperaturen behindern oder in Wechselwirkung mit anderen Medikamenten bei Hitze zu Problemen führen. Insbesondere ältere Patienten, die viele verschiedene Medikamente nehmen, sind gefährdet. Wieder andere Medikamente büßen bei Hitze ihre Wirksamkeit ein. Hier muss auf die empfohlene Lagertemperatur geachtet werden.

Überlegen Sie auch, ob Sie Angehörige aktivieren und schulen können, damit sie kritische Situationen rechtzeitig erkennen und entsprechend handeln können. Gerade bei allein lebenden älteren Personen sollte im täglichen Kontakt überprüft werden, wie hoch die Temperatur in der Wohnung ist, ob es kühle Rückzugsmöglichkeiten gibt und wie das Wohlbefinden ist. Ältere Menschen müssen oft auch zum Trinken motiviert werden. Wie sich Gesundheitsgefahren bei Hitze äußern und wie man dann helfen kann, erklärt die Website klima-mensch-gesundheit.de.
 

Gesundheitspersonal ist oft besonders belastet

Die Hitze belastet Gesundheitspersonal oft doppelt. Je nachdem, wie die baulichen Voraussetzungen sind, kann es schwer sein, die Räume kühl zu halten. Sie sollten höchstens 26 Grad warm sein, liegt die Temperatur im Arbeitsbereich höher, ist der Praxisbetreiber verpflichtet, für Kühlung zu sorgen, zum Beispiel durch eine Klimaanlage. Wenn in Praxisräumen Lüftungsanlagen eingesetzt werden, besteht die Gefahr, dass sich Erreger in Aerosolen weiter verbreiten. Deshalb sollten die Filter regelmäßig ausgetauscht und der gleichzeitige Einsatz von Luftreinhaltungsanlagen in Betracht gezogen werden.

Achten Sie auf regelmäßige Trinkpausen. Falls Sie mit Schutzausrüstung arbeiten, ist regelmäßiges Trinken besonders wichtig, da das Arbeiten damit sehr schweißtreibend ist. Einen Überblick wie Sie sich selbst gut in Hitzezeiten schützen können, finden Sie auf der Website des Uniklinikums München und bei der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit.

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