Medizinal-Cannabis: Immer öfter auf Privatrezept
Einen erstaunlichen Anstieg an Privatrezepten für medizinisches Cannabis zeigt eine Untersuchung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Darüber berichtet die Pharmazeutische Zeitung. Von 2020 bis 2021 stieg die Zahl der in Apotheken abgegebenen Cannabisblüten um mehr als 40 %. Dabei handelte es sich bei nur 10 % um Kassenrezepte, 70,6 % waren Privatrezepte. Insgesamt wurden für die Studie 7.075 Rezepte ausgewertet.
83,2 % dieser Rezepte erhielten Männer, von denen über 30 % nicht älter als 30 Jahre war. Der Verdacht liegt also nahe, dass es sich hierbei mehrheitlich nicht um die schwerkranken Patienten handelt, denen die Politik den Zugang zu medizinischem Cannabis ermöglichen möchte.
Wer bekommt Medizinal-Cannabis?
Seit 2017 ist es in Deutschland möglich, Cannabis für Patienten mit bestimmten Erkrankungen zu verschreiben, wenn herkömmliche Medikamente nicht ausreichend wirken. Dazu gehören:
- Chronische Schmerzerkrankungen wie Fibromyalgie, Rheuma oder Migräne
- Multiple Sklerose
- Tumorerkrankungen
- Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Zwänge oder Angststörungen
- Palliativ betreute Menschen
Grundsätzlich kann jeder Haus- oder Facharzt (außer Zahn- und Tierärzte) ein Cannabis-Rezept ausstellen. Damit die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten übernehmen, muss dort vor der Ausstellung des Rezepts ein Antrag gestellt werden. Der behandelnde Arzt muss darin u. a. detailliert darlegen, warum er die Verschreibung für diesen Patienten für sinnvoll hält und welche Medikamente dieser zuvor bereits genommen hat.
Grauzone Privatrezept
Mit einem Privatrezept umgeht man diesen Umweg über die Krankenkasse. Der Patient muss dann zwar die Kosten selbst übernehmen, diese sind jedoch übersichtlich. Die Preise für getrocknete Blüten liegen je nach Anbieter und Sorte bei etwa 6 bis 15 Euro pro Gramm, laut Deutschem Hanfverband.
Wer den Gang zum Arzt scheut, kann es sogar noch einfacher haben. Mittlerweile gibt es einige Onlineanbieter, bei denen man lediglich einen Fragebogen ausfüllen muss, um ein Rezept über Medizinal-Cannabis zu erhalten. Bei einigen wird einem das Produkt dann sogar automatisch ins Haus geliefert.
Im Zuge des neuen Cannabis-Gesetzes gilt medizinisches Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel (BTM). Es wird folglich nicht mehr auf einem gelben BTM-Rezept, sondern auf einem herkömmlichen grünen oder roten Rezept verschrieben. Damit entfallen für Arztpraxen und Apotheken auch die Archivierungspflichten, die für BTM-Rezepte gelten. Das könnte zur Folge haben, dass die Anzahl an Verschreibungen von Medizinal-Cannabis noch ansteigt, da es keinen Mehraufwand mehr für Arztpraxen bedeutet. Andererseits könnte die neue Freigabe von Cannabis für den Eigenkonsum die Nachfrage nach medizinischem Cannabis verringern.
Cannabis ist nicht gleich Cannabis
Der Großteil an Cannabis wird immer noch durch das Rauchen der getrockneten Blüten konsumiert. Mittlerweile gibt es in Onlineshops ein breites Angebot an verschiedenen Sorten mit so ansprechenden Namen wie „Bubblegum Biscotti“, „Tropicana Cookies“ oder „Frosted Lemon Angel“. Jede Sorte hat, laut Anbietern, einen eigenen Geschmack und vor allem eine bestimmte Wirkung. Während die einen eher antriebssteigernd sind, wirken andere beruhigend, stimmungsaufhellend oder schmerzstillend. Die Wirkung fällt zudem, je nach Sorte, unterschiedlich stark aus. Wer sich als Anfänger also ohne Vorkenntnisse an den Konsum wagt, riskiert unbeabsichtigte Folgen. Denn nicht jeder Mensch verträgt jede Sorte gleich gut oder schlecht.
Auch medizinisches Cannabis kann in Form der getrockneten Blüten (ganz oder zerrieben) verschrieben werden. Es gibt jedoch ebenfalls Tropfen oder Sprays, was viele Menschen, die Cannabis wirklich nur zu medizinischen Zwecken nutzen, oft als angenehmer empfinden.
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