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Digitalisierung: Neuer Ärger mit dem E-Rezept

Eigentlich sollte das E-Rezept schon ab Januar 2022 zur Pflicht werden, nun verzögert sich die flächendeckende Einführung weiter. Die beiden Pilotregionen stiegen aus dem Testlauf aus. Der Ärger bei Ärzten und Apotheken ist groß, das Verfahren sei zu umständlich, die Akzeptanz bei Patienten zu gering. Wie geht es nun weiter?

Alle Testregionen für E-Rezept steigen aus der Pilotphase aus

Nachdem die erste Pilotregion, die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein im August den Rollout abgebrochen hatte, stieg nun auch die zweite Region, die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe, aus der freiwilligen Einführung des E-Rezepts aus. Der Grund: Bedenken des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Ulrich Kelber.

Kelber hatte seine Bedenken bereits mehrmals geäußert, der gematik war also bekannt, dass das von ihr entwickelte Verfahren nicht den Anforderungen des Datenschutzes genügt. Im September verweigerte er dann seine Zustimmung zum E-Rezept in seiner jetzigen Form. Patienten, die eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) der neueren Generation haben (etwa 60 % der gesetzlich Versicherten) sollten damit eigentlich E-Rezepte in der Apotheke abholen können. Allerdings müsste dafür sichergestellt sein, dass die dadurch freigeschalteten Informationen nicht in die Hand von Dritten gelangen können. Das ist zurzeit aber nicht ohne Zusatzaufwand gewährleistet.

Es gibt mehrere Lösungen für das Problem, die jedoch alle noch nicht flächendeckend zur Verfügung stehen bzw. vergleichsweise umständlich sind. Dazu gehört eine PIN für die eGK oder die E-Rezept-App. Für die Verifizierung der App oder der eGK müssen sich die Patientinnen direkt vor Ort in einer Filiale ihrer Krankenkasse ausweisen, um die entsprechende PIN zu erhalten. Alternativ könnten Patienten übergangsweise mit einer digitalen Signatur für einen sicheren Austausch der Daten sorgen.
 

Testphase zeigt, wie groß die Probleme noch sind

Das jetzige Verfahren ohne diese Sicherheitsvorkehrungen bietet zu wenig Schutz vor einem Zugriff auf nicht eingelöste Verordnungen eines Patienten und die damit verbundenen personenbezogenen Daten, wie z. B. Name, Anschrift, Geburtsdatum und Medikation. Diese Daten lassen aber Rückschlüsse auf Diagnosen zu. Das schätzt auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik als erhebliches Sicherheitsrisiko ein.

Damit besteht eine Rechtsunsicherheit für die teilnehmenden Praxen, sodass die beiden Regional-KVen sich gezwungen sahen, die Testphase abzubrechen. Trotzdem können weiterhin Praxen im gesamten Bundesgebiet freiwillig am aktuellen E-Rezept-Verfahren teilnehmen. Seit Anfang Oktober haben nach Angaben der gematik mehr als 3.700 (Zahn-)Arztpraxen E-Rezepte ausgestellt, die in 9.200 Apotheken eingelöst wurden. 

Allerdings geschieht das überwiegend durch einen sogenannten Medienbruch, also indem die Praxen einen QR-Code beziehungsweise das Rezept auf Papier drucken oder indem sich die Patientinnen eine App installieren. Die barrierearme Einlösung mittels der eGK wird aber von allen Beteiligten als Wunschverfahren favorisiert.
 

Wie geht es weiter mit dem E-Rezept?

Die beiden Regional-KVen ziehen sich zwar aus der Testphase zurück, aber das E-Rezept kann mittels App oder Ausdruck weiter genutzt werden. Ab Mitte 2023 soll die Möglichkeit, das E-Rezept per eGK einzulösen, verstärkt vorangetrieben werden, gibt die gematik in einer Stellungnahme bekannt. So lange werde man versuchen, mit den beteiligten Gesellschaftern einen zugleich datenschutzkonformen und barrierefreien Einlöseweg für Patienten zu schaffen.

Der Ärger bei den Kassenärztlichen Vereinigungen und Apotheken ist indes groß. Manche halten sogar das ganze Digitalisierungsvorhaben mit dem Einspruch des Datenschutzbeauftragten für gescheitert. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZBV) hatte schon früh auf die Probleme hingewiesen und fordert nun ein Ende des Hin und Her. Die gematik müsse jetzt erstmal ihre Hausaufgaben machen, schreibt sie in einer Pressemitteilung. Das Bundesgesundheitsministerium könne die Zeit bis dahin nutzen, um die versprochene Informationskampagne für Patientinnen auf den Weg zu bringen, so die KZBV.

Alle KVen beteuerten aber, Praxen dabei unterstützen zu wollen, die sich freiwillig mit dem E-Rezept beschäftigen und die digitale Einlösung umsetzen wollen.

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