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Deutlich mehr Autoimmunerkrankungen als bisher angenommen

Einer aktuellen Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) zufolge wurde im Jahr 2022 bei mehr als 6,3 Millionen gesetzlich Versicherten mindestens eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert. Zudem stieg die Erkrankungshäufigkeit seit 2012 stark an. Damit liegen erstmals belastbare epidemiologische Kennzahlen vor.

Typisch für Autoimmunerkrankungen sind chronisch-entzündliche Vorgänge. Diese entstehen, weil das Immunsystem körpereigene Zellen und Gewebe angreift. Warum das geschieht, ist in den meisten Fällen noch nicht vollständig geklärt. Es sind rund 80 verschiedene Autoimmunerkrankungen bekannt. Etwa die Hälfte kommt selten vor (Prävalenz von ≤0,05 %).
 

Was bekannt ist

Als Ursachen von Autoimmunerkrankungen werden genetische und umweltbedingte Faktoren vermutet. Diverse bakterielle und virale Infektionen, Umweltschadstoffe und Lebensstilfaktoren zählen zu den häufigsten Risikofaktoren. Frauen haben ein höheres Risiko für Autoimmunerkrankungen als Männer. Die Zahl der Menschen mit Autoimmunerkrankungen steigt weltweit.

Wie viele Menschen in Deutschland an Autoimmunerkrankungen leiden, war bisher nicht bekannt. Auf Grundlage der bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten gemäß § 295 SGB V aus den Jahren 2012 bis 2022 wurden Versicherte selektiert, bei denen in mindestens zwei Quartalen des jeweiligen Jahres mindestens eine von 30 Autoimmunerkrankungen nach ICD-10-Code diagnostiziert worden war. 

Am häufigsten traten die Hashimoto-Thyreoiditis, Psoriasis und Rheumatoide Arthritis auf. Bei fast allen untersuchten Autoimmunerkrankungen stiegen die diagnostizierten Fälle über den Zeitraum an. Dies war „weitgehend unabhängig von Geschlecht, Alter und Wohnregion“, so das Studienautorenteam. Mit +28 % nahmen die Erkrankungen bei weiblichen Versicherten stärker zu als bei männlichen Versicherten (14 %). 28 von 30 Autoimmunerkrankungen traten über den Zeitraum von 12 Jahren mehr auf. Bei Zöliakie wurde der höchste Zuwachs an Erkrankungsfällen mit +130 % festgestellt. Nur bei Diabetes mellitus Typ 1 und Sjögren-Syndrom ging die Prävalenz um -18 % bzw. -27 % zurück.
 

Regionale Unterschiede

Die Erkrankungshäufigkeit (bzw. die Diagnoseverschlüsselung) war regional sehr unterschiedlich: In den östlichen Bundesländern lag sie überdurchschnittlich höher als in den westlichen. Mit +9 % zeigten die ausgewerteten Daten in Berlin den niedrigsten Anstieg, mit +35 % den höchsten im Saarland. In fast allen Kreisen nahm die Zahl der Autoimmunerkrankungen laut der vertragsärztlichen Abrechnungsdaten zu – außer im Kyffhäuserkreis in Thüringen und im Rhein-Hunsrück-Kreis in Rheinland-Pfalz.

Wie es in Ihrem Kreis aussieht, können Sie auf den Karten des Versorgungsatlas prüfen.
 

Mehr Erkrankte als bisher angenommen – Tendenz steigend!

Der Versorgungsatlas-Bericht zur Prävalenz diagnostizierter Autoimmunerkrankungen 2012 bis 2022 zeigt, dass in Deutschland mehr Autoimmunerkrankungen diagnostiziert wurden als vermutet. Im Jahr 2022 hatte jeder 12. Versicherte mindestens eine von 30 untersuchten Autoimmunerkrankungen. 
 

Auf einen Blick

  • Etwa 6,3 Mio. Versicherte in Deutschland leiden an Autoimmunerkrankungen.
  • Dies entspricht einer Prävalenz von 8,6 %.
  • Diese Kennzahl ist damit fast doppelt so hoch als bisher angenommen.
  • Zudem steigt die Zahl der betroffenen Menschen in Deutschland kontinuierlich an.
     

In den Jahren 2020 und 2021 wurden nicht wesentlich mehr Autoimmunerkrankungen diagnostiziert. Wie sich die Corona-Pandemie auf einzelne Autoimmunerkrankungen auswirkte, soll in Folgestudien untersucht werden.
 

Was bei der Studienbewertung beachtet werden muss

Für die Untersuchung wurden vorhandene vertragsärztliche ambulante Abrechnungsdaten genutzt. Es konnten nur Autoimmunerkrankungen einbezogen werden, für die ICD-10-Codes zur Verfügung stehen. Einige Erkrankungen konnten nicht detailliert differenziert werden (z. B. in primäre oder sekundäre Form). Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa wurden vom Studienteam absichtlich eingeschlossen, obwohl sie gemäß dem aktuellen wissenschaftlichen Wissensstand keine klassischen Autoimmunerkrankungen sind. Regionale Unterschiede können auch durch die Arztdichte beeinflusst sein. In Regionen mit Selektivverträgen wie der Hausarztzentrierten Versorgung kann die Prävalenz unterschätzt werden.
 

Schon gewusst?

Das sind die bisher bekannten Autoimmun-Erkrankungen

(Quelle: Deutsche Autoimmun-Stiftung)

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