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Arzneimittel: Weniger Lieferengpässe und Fehler bei der Medikation

Im Zuge der starken Infektionswelle zum Jahreswechsel gab es viel Wirbel um fehlende Arzneimittel. Lieferengpässe hatten zum Beispiel Fiebersäfte für Kinder knapp werden lassen. Nun treten einige Maßnahmen in Kraft, die das Bundesgesundheitsministerium zur Bekämpfung des Mangels ergriffen hat. Auch Fehler bei der Medikation für ältere Patienten sollen abnehmen.

Obwohl Lieferengpässe bei Arzneimittel kein neues Phänomen sind, nehmen sie ständig weiter zu. Im letzten Quartal fehlten so viele Arzneimittel wie noch nie zuvor. Die starke Infektionswelle erhöhte die Nachfrage für einige Mittel zusätzlich so stark, dass die Lage für viele Menschen sehr belastend war. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ergriff daraufhin einige Sofortmaßnahmen und kündigte weitere Änderungen an. Einige der angekündigten Änderungen treten nun in Kraft. Dazu gehören auch direkte Entlastungen für Ärzte, die die Regressgefahr reduzieren sollen.

 

Festbeiträge für 180 Arzneimittel ausgesetzt

Um Hersteller zu motivieren mehr Arzneimittel mit den Wirkstoffen Ibuprofen und Paracetamol in den deutschen Markt zu liefern, werden für 180 Arzneimittel die Festbeträge vorübergehend gestrichen. Das beschloss der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV). Für Ibuprofen-Säfte, Paracetamol-Zäpfchen und Antibiotika-Suspensionen werden die Festpreise für 3 Monate aufgehoben, die Kassen übernehmen den Preis in dieser Zeit komplett.

Ziel ist vor allem die angespannte Lage bei Kinderarzneimitteln zu entspannen. Eltern müssen nun nicht mehr befürchten in Apotheken einen Aufpreis zahlen zu müssen, sollten die Hersteller aufgrund von steigender Nachfrage ihre Preise erhöhen.

Die Maßnahme soll auch dazu beitragen, dass Hersteller wieder vermehrt in Deutschland produzieren. Nach dem Wunsch des Bundesgesundheitsministeriums sollen die Hersteller Mehreinnahmen, die dadurch möglich werden, in neue Produktionsstraßen in Deutschland beziehungsweise Europa investieren. Da die Aufhebung der Festbeiträge aber befristet ist, sind viele Expertinnen skeptisch, ob der erhoffte Effekt einsetzen wird. Er wird sich wahrscheinlich sowieso nicht kurzfristig bemerkbar machen.

 

Risiko für Regresse sinkt

Lauterbach hatte bereits vor Weihnachten die Krankenkassen gebeten Rezeptur-Verordnungen von Kinderarzneimitteln von der Wirtschaftlichkeitsprüfung auszuschließen. Mit einem Rezeptur-Rezept können Apotheken fehlende Fiebermedikamente selbst herstellen. Da dieses Verfahren jedoch teurer ist, befürchteten viele Ärzte Nachteile bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung und halten sich teilweise auch jetzt noch mit Rezeptur-Verordnungen zurück.   

Unter anderem um diese Befürchtungen abzubauen, gibt es eine neue Einigung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung (KBV) und dem GKV-SV. Künftig sollen weniger Ärzte als bisher in Wirtschaftlichkeitsprüfungen geraten, indem die günstigeren Medikamentenpreise aufgrund von Rabattverträgen mit Arzneimittelherstellern bereits in den vorgelagerten Auffälligkeitsprüfungen berücksichtigt werden.

Wirtschaftlichkeitsprüfungen werden immer dann angesetzt, wenn eine Vorabprüfung ergibt, dass eine Ärztin oder ein Arzt mehr Geld der Krankenkassen für Medikamente ausgegeben hat, als sie es laut Richtgrößenwert, Durchschnittswert oder Verordnungsquote dürfte. Welcher Maßstab jeweils angesetzt wird, variiert von KV-Bezirk zu KV-Bezirk.

Die jetzt vereinbarten Einsparungen aus Rabattverträgen können auf zwei verschiedene Arten berücksichtigt werden: entweder durch Zusammenrechnen der konkreten Rabatte oder durch Vorabzug bezogen auf den jeweiligen Grenzwert. Arztpraxen haben in jedem Fall dadurch ein geringeres Risiko, für zu viele Medikamentenverordnungen in Regress genommen zu werden.

 

Weniger Fehler bei Medikationen für ältere Patienten

Manche Arzneimittel schaden älteren Menschen möglicherweise mehr als sie ihnen nützen, zum Beispiel weil bei ihnen mehr Nebenwirkungen auftreten als bei jüngeren Menschen. Um die Arzneimittelverordnung für diese Patientengruppe sicherer zu machen, gibt es bereits seit 2010 die sogenannte Priscus-Liste. Sie enthielt bisher 83 potenziell inadäquate Medikamente beziehungsweise Wirkstoffe, abgekürzt PIM.

Diese Liste wurde überarbeitet und enthält nun 187 PIM – also mehr als doppelt so viele wie bisher. Zum einen liegt die Zunahme daran, dass seit dem ersten Erscheinen mehr Arzneimittel auf dem Markt verfügbar sind, zum anderen daran, dass mehr über die Nebenwirkungen bei Älteren bekannt ist.

Die Priscus-Liste 2.0 enthält auch Dosiergrenzen für ältere Menschen und Angaben dazu, wie lange eine Therapie noch sicher ist und ab welcher Einnahmedauer zu viele unerwünschte Effekte zu erwarten sind. Auch mögliche Alternativen werden aufgeführt sowie Maßnahmen, falls das PIM dennoch angewendet werden soll.

Seit Erscheinen der ersten Priscus-Liste hat sich der Prozentsatz der Patientinnen, die mindestens eine PIM pro Jahr nehmen, von 24 % auf 14,5 % reduziert.

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