Wann gibt es mehr Geld für die Praxisteams?
KBV sieht die Zukunft der ambulanten Versorgung in Gefahr
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) macht sich Sorgen um die flächendeckende Versorgung der Patienten. Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen, sagt: „Der ambulante Gesundheitsbereich ist zunehmend ausgezehrt und wird kaputtgespart.“
Seit Jahren würden Praxen zu wenig Geld zur Verfügung haben, um den Praxisteams angemessene Gehälter zu zahlen. Dadurch würde der Mangel an qualifiziertem Praxispersonal immer größer werden. Verantwortlich dafür sei, dass die Praxisteams zu wenig Anerkennung durch die Politik bekämen. Die Folgen seien ernst: Medizinische Fachangestellte resignierten zunehmend und flöhen aus dem System.
Geplante Krankenhausreform könnte den Fachkräftemangel in Arztpraxen weiter anfeuern
Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestoßene Krankenhausreform könnte diese Entwicklung weiter vorantreiben. Zwar soll mit dem Umbau des Krankenhaussystems auch eine Stärkung der ambulanten Versorgung einhergehen: Ambulantes Operieren soll ausgeweitet werden. Doch bei der angekündigten Ambulantisierung passiere zu wenig, urteilt die KBV.
Auch der Verband medizinische Fachberufe (VmF) und die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) fordern ein schnelles Umsteuern. Der stellvertretende Vorsitzende der KVN, Thorsten Schmidt, warnt: „Die kontinuierliche Unterfinanzierung der ambulanten medizinischen Versorgung führt dazu, dass Praxisinhaber zunehmend Schwierigkeiten haben, MFAs adäquat zu vergüten, sodass viele von ihnen von den durch staatliche Hilfen bevorzugten Krankenhäusern abgeworben werden.“
Die Vorsitzende des VmF, Hannelore König, betont: „Es ist ein Affront, dass die den MFAs zustehende – auch materielle – Wertschätzung seitens der Politik noch nicht erfolgt ist.“
Versprochene Entbudgetierung in Hausarztpraxen lässt auf sich warten
Dabei steht im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ein Vorhaben, das den Hausarztpraxen sehr dabei helfen könnte, angemessene Gehälter zu zahlen: die Entbudgetierung. In den Kinderarztpraxen fiel die Deckelung der Leistungen für Kinder und Jugendliche bereits zum 1. April 2023 weg. Karl Lauterbach stellte damals in Aussicht, auch die Leistungen in Hausarztpraxen außer Budget vergüten zu wollen. Doch passiert ist in dieser Hinsicht bisher nichts.
Das sorgt für Frust. Während der Corona-Krise hätten Praxen die Hauptlast der Versorgung geschultert, einen Großteil der Erkrankten behandelt und viele Menschen gegen das Coronavirus geimpft, erinnert sich der Vorsitzende der KBV. Gassen sagt: „Kaum war die Pandemie vorbei, ging es nur noch um Krankenhäuser, Apotheken und Gesundheitskioske.“ Die Vorsitzende des VmF fordert deshalb: „Ich wiederhole nachdrücklich die Forderungen nach höheren und kassenseitig auch refinanzierten Tarifgehältern sowie einem Coronabonus.“ Sie hält die MFA-Gehälter für die wichtigste Stellschraube, um Lücken in der Versorgung zu schließen.
Dabei könnten diese eher noch größer werden, denn viele Praxisbesitzer gehen in den kommenden Jahren in Rente. Ob sich für alle Praxen eine Nachfolgerin findet, ist mehr als fraglich. Dabei spielt auch eine Rolle, dass es immer schwerer für Praxisinhaber wird, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Kein Wunder, wenn die Bezahlung in manchen Regionen nur knapp über Mindestlohnniveau liegt.
Eine Ursache für die stagnierenden Gehälter liegt darin, dass die Vergütung medizinischer Leistungen an die Grundlohnsumme gebunden ist. Wie viel Geld Krankenkassen und dem Gesundheitsfonds zur Verfügung steht, richtet sich nach der Summe der beitragspflichtigen Löhne und Gehälter aller Beitragszahler in Deutschland, also der Grundlohnsumme. Deshalb steigen die Vergütungen im Gesundheitswesen auch nur entsprechend der Grundlohnsumme. Viele Verbände von Gesundheitsberufen fordern schon lange diese Bindung zu lockern oder ganz aufzuheben. Inzwischen ist sie auch ein Problem für Zahnarztpraxen geworden.
Protestaktion und Krisensitzung
Um mehr Druck auf die Politik auszuüben, ruft der VmF zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen zu einer Protestaktion am 8. September auf. Auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin soll die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam gemacht werden: Um 13 Uhr startet unter dem Motto „Rote Karte für die Gesundheitspolitik“ eine Kundgebung. Eine Stunde vorher sollen Gespräche mit Bundestagsabgeordneten und der Presse stattfinden.
Vorher, nämlich am 18. August, kommen auf Einladung der KBV die Landesvertreter der Kassenärztlichen Vereinigungen und Psychotherapieverbände zu einer öffentlichen Krisensitzung zusammen. Sie wollen konkrete Forderungen an die Politik formulieren, mit der die ambulante Versorgung aus ihrer Sicht gesichert werden kann.
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