Während der Pandemie sinkt offenbar die Zahl der Schlaganfälle
Tag und Nacht stehen Neurologen, Kardiologen und Radiologen in Stroke-Units (Schlaganfall-Einheiten) bereit, um Schlaganfallpatienten akut zu behandeln. Denn wenn das Gehirn plötzlich nicht mehr richtig durchblutet wird, muss es schnell gehen. Der Patient braucht Sauerstoff, Medikamente sollen das Blutgerinnsel auflösen. Blutdruck, Puls, Atmung und Temperatur müssen kontrolliert werden. Das Risiko: Sterben zu viele Gehirnzellen ab, bleiben langfristige Schäden wie Lähmungen und Sprachstörungen.
Weltweiter Rückgang
Doch in den Stroke-Units ging es weltweit in der Pandemie etwas ruhiger zu als zuvor. In den vier Monaten von März bis Juni 2020 ging die Zahl der Schlaganfallpatienten um 11,5 Prozent zurück. So eine globale Analyse von Medizinern des Boston Medical Center, die Daten aus 457 Kliniken in 70 Ländern auswerteten. Offenbar gab es auch in den folgenden Corona-Wellen weniger Patienten mit einem Schlaganfall. Auch die Zahl der Herzinfarktpatienten sank.
Weniger OPs – weniger Schlaganfälle
Woran liegt dieser Rückgang? „Die Leute gehen während der Pandemie lieber nicht zum Arzt.“ Diese Erklärung lag auf der Hand, doch sie greift offenbar zu kurz. Wegen der angespannten Situation in den Krankenhäusern und vor allem auf den Intensivstationen wurden nicht dringende Operationen verschoben. Also mussten viele Patienten ihre Blutverdünner nicht absetzen. Das wiederum stellte eine reibungslose Durchblutung des Gehirns sicher. Auch post-operative Thrombosen wurden seltener, was ebenfalls zu weniger Schlaganfällen beigetragen haben könnte.
Ein weiterer Grund ist Ihnen in Ihrer Praxis längst aufgefallen: Es gibt während der Pandemie weniger Erkältungen und Infekte – eine Folge von Lockdown und Hygieneregeln. Die Coronamaßnahmen schützen also nicht nur vor dem Coronavirus und weiteren Infektionskrankheiten, sondern indirekt auch vor Schlaganfällen. Denn ein Infekt kann einen Schlaganfall triggern.
Diese Erkenntnisse könnten für die medizinische Versorgung der Zukunft hilfreich sein. Die Forscher aus Boston bleiben dran. Sie wollen den Ursachen für weniger Schlaganfälle weiter auf den Grund gehen.
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