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Von anfänglicher Skepsis zur unverzichtbaren Alltäglichkeit: Eine kurze Geschichte der Krankenversichertenkarte

Seit ihrer Einführung hat die Krankenversichertenkarte eine entscheidende Rolle im Gesundheitssystem gespielt, indem sie den Zugang zu medizinischer Versorgung erleichtert und den Verwaltungsaufwand bei Krankenkassen und in Arztpraxen vereinfacht hat. Die Einführung dieses kleinen Plastikkärtchens war mit Anstrengungen verbunden. Wer sich daran zurückerinnert, wird feststellen, dass es Gemeinsamkeiten mit der heutigen Situation in den Praxen gibt.

Im Oktober 1992 hieß es im Deutschen Ärzteblatt: „Der ,gute alte‘ Krankenschein hat ausgedient“. Was heutzutage in den meisten Praxen undenkbar wäre, war bis dahin Gang und gäbe. Patientenakten wurden „analog“ mithilfe von Karteikarten geführt, in welche Anamnesen, Befunde und Diagnosen händisch eingetragen wurden. Erschien der Patient in der Praxis, wurde die passende Karteikarte aus dem Karteikartenschrank herausgesucht und nach dem Besuch wieder einsortiert. Abgerechnet wurde bis dato seit über 100 Jahren auf Krankenscheinen. Das waren Scheine aus Papier, auf denen die Versichertendaten aufgedruckt waren, die später auf der Krankenversichertenkarte enthalten sein sollten. Auf der Rückseite dieser Scheine musste der behandelnde Arzt seine Leistungen dokumentieren, um mit der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen. Am Ende des Quartals mussten alle Scheine des Quartals nach Krankenkassen sortiert, banderoliert und an die KV verschickt werden.

Jedes Quartal mussten die Versicherten einen aktuellen Krankenschein bei ihrer Krankenversicherung beantragen bzw. abholen, um ihn in der Praxis zur Behandlung vorlegen zu können. Später wurden den Versicherten bereits zu Beginn eines Jahres alle vier Krankenscheine in einem Krankenscheinheft zugeschickt, die sich der Versicherte dann im jeweiligen Quartal abtrennen konnte. Neben den Arztpraxen waren diese Vorgehensweisen insbesondere für die Krankenkassen, die die Scheine ausstellen und teils mit Schreibmaschine beschriften mussten, ein enormer Verwaltungsaufwand.

Die Einführung eines Versichertenausweises anstelle des Krankenscheins wurde bereits Anfang der 70er Jahre beschlossen, jedoch nach einem Modellversuch, bei dem erste Ausweise an Patienten einer Modellregion ausgegeben worden waren, vorerst nicht weitergeführt. Zu groß war u. a. die Sorge vor Doppeluntersuchungen, wenn Patienten statt einem einzigen Krankenschein eine Karte hatten, mit der sie theoretisch mehrere Ärzte gleichzeitig besuchen konnten.

1985 führte die AOK Wiesbaden eine Plastikkarte mit Hochprägung (wie heutzutage auf Kreditkarten vorhanden) ein, die AOK-Card. Einen Chip enthielt diese Karte noch nicht. Die Daten konnten in den Praxen mechanisch mit einem sogenannten Imprinter (mancherorts auch „Ritsch-Ratsch-Maschine“), der damals von der Krankenkasse zur Verfügung gestellt wurde, erfasst und auf die Abrechnungsscheine gedruckt werden. Dazu wurden die Versichertenkarte in das Gerät und darüber ein Formularsatz aus Papier gelegt. Der obere Teil des Gerätes wurde dann einmal hin- und zurückgeschoben, sodass die Angaben von der Karte auf den Papiersatz übertragen wurden. Das handschriftliche Beschriften der Formulare entfiel dadurch.

Zum 1. Januar 1995 wurde schließlich die Krankenversichertenkarte mit einem Speicherchip bundesweit eingeführt, die den bisherigen Krankenschein bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Asylbewerber, Bundeswehr) bis zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ablösen sollte.

Die elektronische Gesundheitskarte sollte ursprünglich bereits zum 1. Januar 2006 eingeführt werden, nachdem die Einführung 2003 im Bundestag beschlossen worden war. Unter anderem technische Schwierigkeiten und Datenschutzbedenken führten dazu, dass sie erst deutlich später ausgegeben werden konnte. Seit 2015 ist nur noch die eGK gültig. Der ehemalige Speicherchip ist mittlerweile ein kleiner Mikroprozessor, der neben der Speicherung von Daten z. B. auch die Verschlüsselung, Authentifizierung und die digitale Signatur ermöglicht.

Was heute Normalität ist und sich im Nachhinein als große Arbeitserleichterung entpuppte, stieß damals ähnlich wie heutzutage bei Einführung der TI-Anwendungen zunächst auf Bedenken und mancherorts auf wenig Akzeptanz. So hieß es in einem Beitrag der damaligen Ärztezeitung, dass sich die Mehrheit der Allgemeinmediziner gegen die Einführung aussprach. Bei den damaligen Arzthelferinnen war es übrigens genau umgekehrt, hier begrüßte die Mehrheit der Befragten die Einführung.

30 Jahre nach Einführung der Krankenversichertenkarte befinden wir uns heute in einer ähnlichen Situation. So wie die Krankenversichertenkarte den Krankenschein ablöste, lösen heute eAU und eRezept die jeweilige Papierform ab. Und auch dieser heutigen kleinen Revolution unseres Arbeitsalltags wird derzeit noch mancherorts mit Skepsis und Ärger über technische Schwierigkeiten begegnet.

Die Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, Neuerungen offen gegenüberzustehen, da sie den Fortschritt und die Entwicklung in allen Bereichen vorantreiben können. Innovationen bringen oft frische Ideen, verbesserte Technologien und effizientere Prozesse mit sich, die dazu beitragen können, unsere Arbeit zu erleichtern. Damit wir auch in Zukunft für die Herausforderungen im Gesundheitswesen gewappnet sind.

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