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Die Rentenwelle rollt – immer mehr Arztpraxen unbesetzt

Die Zukunft der gesundheitlichen Nahversorgung in Deutschland gibt Anlass zur Sorge. Viele Ärzte gehen in Rente und finden keinen Nachfolger mehr. Dabei herrschen zwischen den einzelnen Regionen große Unterschiede.

Eine Umfrage der Stiftung Gesundheit ermittelte nun, dass jeder sechste niedergelassene Arzt hierzulande 65 Jahre oder älter ist. Bei den Zahnärzten sind es 17,8 %, bei den Psychologischen Psychotherapeuten 16,0 %. Ob sich ein Nachfolger findet, ist in vielen Fällen ungewiss.

Besonders betroffen ist das Saarland, hier ist jeder fünfte Arzt über 65 Jahre. Bei den Zahnärzten liegen, neben dem Saarland, auch Bremen und Thüringen weit vorne, was den baldigen Renteneintritt betrifft. Laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sind bereits heute über 4.800 Hausarztsitze unbesetzt.

Die Ärztedichte in den einzelnen Bundesländern unterscheidet sich stark. Die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen sind insgesamt am besten aufgestellt. Hier stehen mehr als 300 ambulant tätige Ärzte 10.000 Einwohnern gegenüber. In Brandenburg und Thüringen sind es nur 200 Ärzte. Laut der Umfrage bedeutet das, dass rein rechnerisch jeder niedergelassene Arzt in Hamburg 313 Einwohner versorgen muss, während es in Brandenburg 526 potenzielle Patienten sind.

 

Weniger selbstständige Ärzte

Eine eigene Arztpraxis zu unterhalten, erscheint für immer mehr junge Ärzte unattraktiv. Wie schon 2023 ist die Zahl der niedergelassenen Ärzte in fast allen Bundesländern (außer Nordrhein-Westfalen) gesunken. Ende 2023 praktizierten in Deutschland laut der Stiftung Gesundheit rund 156.000 Ärzte aktiv in der ambulanten Patientenversorgung. Der Anteil der Niedergelassenen ist innerhalb des Jahres 2023 von 72,6 % auf 70,9 % gesunken. Den stärksten Rückgang verzeichnet Hamburg mit einem Minus von 10,3 %, gefolgt von Thüringen mit minus 8,5 %. Die Gesamtzahl der ambulant tätigen Leistungserbringer ist allerdings fast unverändert geblieben. Die Zahl der (Fach-)ärzte, die sich anstellen lassen, hat also zugenommen. Mittlerweile arbeitet bereits jeder zweite Arzt in der vertragsärztlichen Versorgung in einer Gemeinschaftspraxis oder einer Einrichtung wie einem medizinischen Versorgungszentrum.

Die Gründe sind vielfältig. Laut der KBV stehen ganz vorne die Rahmenbedingungen wie Bürokratie, Haftungsansprüche und die Vergütung. Junge Ärzte möchten häufig weniger Arbeitsstunden ableisten als dies bei ihren Vorgängern der Fall war. So ist die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden zwischen 2011 und 2021 von 50 auf 48,5 zurückgegangen. Auch Teilzeitmodelle werden attraktiver und sind in Festanstellung einfacher zu verwirklichen.

 

Demografischer Wandel sorgt für Verschärfung

Der Ärztemangel ist bereits jetzt in vielen Regionen Deutschlands zu spüren. Wartezeiten von mehreren Monaten sind bei Fachärzten mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Das liegt einerseits an der Kluft zwischen Ärzten, die in Rente gehen und weniger nachkommenden Medizinstudenten. Dazu werden aber auch die Patienten älter und benötigen eine immer umfassendere medizinische Betreuung. Bereits 2022 rief die Bundesärztekammer die Politik auf, dass die Bedingungen für Medizinstudenten und fertig studierte Ärzte besser werden müssen, um den Beruf wieder attraktiver zu machen.

Doch bisher hat sich nichts Substanzielles getan, wie KBV-Vorstandsvorsitzender Andreas Gassen kürzlich gegenüber dem Ärzteblatt äußerte. Besonders bei der Bürokratie sieht er keine Verbesserungen, sondern immer mehr Belastungen. „60 Bürokratietage ist doch ein völliger Wahnsinn, wenn ich einen Ärztemangel habe“, kritisiert er. Und auch bei der hausärztlichen Budgetierung habe sich, trotz Ankündigungen, bisher noch nichts bewegt. Die KBV hat eine Petition zur Rettung der ambulanten Versorgung ins Leben gerufen. Bereits 600.000 Menschen hätten unterzeichnet, was eindeutig die Sorgen der Bevölkerung zeige. Gassen fordert die Bundesregierung auf, den Worten nun endlich Taten folgen zu lassen.

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