Viele Praxen am 2. Oktober geschlossen!
Für MFAs und ZFAs, deren Praxen heute geöffnet haben, könnte es anstrengend werden. Viele Patienten, die bei ihrer behandelnden Praxis heute nicht vorstellig werden können, suchen nach einer Vertretungspraxis. Der morgige Feiertag könnte zusätzlich für verstärkten Andrang in der restlichen Woche sorgen.
Worum geht es beim Protest?
„Stoppt Lauterbach!“ ist der Claim der Protestaktion des Virchowbundes, die alle Arztpraxen im Bundesgebiet zur Schließung am 2. Oktober aufruft. Knapp 20 weitere Ärzteverbände unterstützen das Vorhaben. „Es ist ein deutliches Zeichen an die Gesundheitspolitiker der Ampelkoalition und an Bundeskanzler Olaf Scholz, dem Treiben Lauterbachs endlich einen Riegel vorzuschieben“, erklärt Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes.
Die Initiatoren des Protestes werfen Gesundheitsminister Lauterbach u. a. vor, die Strukturen immer weiter in Richtung Staatsmedizin verändern zu wollen. Dieser Begriff bezeichnet ein Gesundheitssystem, in dem hauptsächlich der Staat für die Organisation, Finanzierung und Bereitstellung von medizinischen Dienstleistungen zuständig ist. Verbände befürchten dadurch eine Benachteiligung der Mitarbeitenden im Gesundheitswesen und eine mangelhafte Versorgung der Patienten. Diese sei derzeit ohnehin schon schwierig, da Personalmangel, Bürokratie und unzureichende Vergütung die Lage für ambulante Praxen seit Jahren verschärft.
"Wir sind an einem Wendepunkt angelangt. Seit 30 Jahren zwingen Politik und Krankenkassen die Arztpraxen zu schmerzhaften Sparmaßnahmen. Wir können einfach nicht mehr so weitermachen", heißt es in einem Aufruf auf der Website des Virchowbundes.
In Sachsen und Hessen werden Patienten auch bei vielen Apotheken vor verschlossenen Türen stehen, da diese ebenfalls gegen die aktuelle Gesundheitspolitik protestieren.
Was bedeutet das für MFAs und ZFAs?
Dem Protest schließt sich auch der Verband medizinischer Fachberufe (VMF) an, er vertritt die Interessen der MFAs und ZFAs in den niedergelassenen Praxen.
Er fordert:
- Die Stärkung der MFAs und ZFAs als wichtige Gesundheitsberufe, unterstützt durch eine gesicherte Finanzierung der ambulanten ärztlichen Regelversorgung
- Automatische und zeitnahe Tariferhöhungen für MFAs und ZFAs – analog zum stationären Bereich
- Die Gebührenordnungen anzupassen und zu erweitern, um das breite Leistungsspektrum der Praxisteams widerzuspiegeln. Leistungen, die Praxisteams unabhängig von der Fachrichtung in der ambulanten Regelversorgung erbringen, sollten nicht mehr budgetgebunden sein.
- Die aktive Einbeziehung von MFAs und ZFAs beim Prozess der Digitalisierung und Vereinfachung im Gesundheitswesen als Expertinnen und Anwenderinnen
- Entlastung und Unterstützung von Ausbildungspraxen, um die Qualität der Ausbildung zu verbessern
- Die Entwicklung und Förderung von Karrierewegen für MFAs und ZFAs. Es sollte geprüft werden, ob Stipendien an MFAs vergeben werden können, die sich berufsbegleitend weiterbilden oder studieren, um zusätzliche Verantwortung und Aufgaben im Praxisteam zu übernehmen.
- Die Expertise des Verbands medizinischer Fachberufe e.V. aktiv in Veränderungsprozesse in der ambulanten ärztlichen Regelversorgung mit einzubeziehen, um eine Kommunikation auf Augenhöhe sicherzustellen
Umfrage zeigt Unzufriedenheit
Rund zwei Drittel aller MFAs wechseln innerhalb von fünf Jahren ihre Arbeitsstelle. Den Gründen geht eine aktuelle Umfrage des Internetportals Jameda auf den Grund. Unter den 200 befragten MFAs gaben 64 % an, über einen Wechsel ihres Arbeitsplatzes nachzudenken. 47 % erhoffen sich dadurch ein höheres Gehalt, 26 % sehnen sich nach mehr Wertschätzung und Anerkennung. Weitere Wünsche: weniger Stress, kürzere Arbeitswege, mehr Weiterbildungsmöglichkeiten oder mehr Teamgeist.
Einige dieser bemängelten Punkte liegen – zumindest teilweise – in der schwierigen politischen Lage des Gesundheitssystems begründet. Wenn das Budget für Arztpraxen immer weiter beschnitten wird, kann auch das Gehalt der Angestellten nicht steigen. Ärztemangel sorgt für Stress in den verbleibenden Praxen, Patienten, die beispielsweise wochenlang auf einen Facharzttermin warten müssen, lassen ihren Ärger an MFAs und ZFAs aus.
Erfolgsaussichten? Fraglich.
Dr. Dirk Heinrich sieht die Proteste als Notfallmaßnahme: „Bislang gingen wir davon aus, dass Lauterbach nur ‚auf dem ambulanten Auge blind‘ ist. Aber wenn die bundesweite Vertretung für alle rund 140.000 Vertragsärzte und -psychotherapeuten einen Brief mit Forderungen an den Bundesgesundheitsminister formuliert und dieser wenige Tage später öffentlich danach gefragt antwortet, er bekomme ‚fast jeden Tag Briefe, mal aus der Industrie, mal aus der Selbstverwaltung‘, disqualifiziert er den Notruf der Vertragsärzteschaft als unbedeutende Postwurfsendung. In Verbindung mit seiner lapidaren Bemerkung ‚tempi passati‘ macht dies das ganze Ausmaß seiner Missachtung gegenüber allen deutschen Praxisärzten deutlich. Das ist in dieser Form bislang einzigartig.“
Weiterführende Links
Auf der Internetseite der Aktion „Praxis in Not“ kann man Flyer, Plakate und virtuelle Banner herunterladen: https://www.praxisinnot.de/3/mitmachen/
Zudem gibt es auch noch weitere Ideen, wie Praxen sich engagieren können: https://www.praxisinnot.de/35/protest-baukasten/
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