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Primärarztsystem: Was bedeutet es für Patientinnen und Patienten, was erwartet Praxisteams?

Seit Vorlage des neuen Koalitionsvertrags nimmt die Diskussion um die Einführung eines Primärarztsystems wieder an Fahrt auf. Es soll vor allem der Patientensteuerung dienen und somit Kosten einsparen. Doch welche Konsequenzen hätte es für den Alltag in den Arztpraxen?

Eine Verbesserung und Stabilisierung des Gesundheitssystems ist ein wichtiger Punkt auf der Agenda der neuen Bundesregierung. Dazu soll die Einführung eines Primärarztsystems beitragen. Während es Patientinnen und Patienten in Deutschland bisher aufgrund der freien Arztwahl freisteht, eine (fach-)ärztliche Praxis ihrer Wahl aufzusuchen, wäre es zukünftig verpflichtend, zuerst die hausärztliche Praxis zu konsultieren. Diese fungiert dann somit als erste Anlaufstelle, die gegebenenfalls zu fachärztlichen Praxen überweist. Ausnahmen soll es für Besuche in gynäkologischen, zahnärztlichen und augenheilkundlichen Praxen geben, sowie für chronisch Erkrankte, die regelmäßig ihre fachärztliche Praxis aufsuchen.

In einer Pressemitteilung bewerten die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier, das Vorhaben grundsätzlich als positiv: „Die vielleicht größte Herausforderung der kommenden Jahre wird sein, mit immer weniger Ärztinnen und Ärzten und nicht-ärztlichen Fachkräften immer mehr und ältere Patientinnen und Patienten versorgen zu müssen.“ Dies könne nur durch mehr Koordination, Qualität und Effizienz im System gelingen. Das Primärarztsystem könne dazu beitragen. 
 

Vor- und Nachteile für Patientinnen und Patienten

Neben den Kosteneinsparungen im deutschen Gesundheitssystem sollen auch die Patientinnen und Patienten vom Primärarztsystem profitieren. So verspricht man sich verkürzte Wartezeiten auf Facharzttermine, da diese nur noch Fälle behandeln, bei denen klar ist, dass sie in einer Praxis dieser Fachrichtung richtig aufgehoben sind. Zudem soll die multimodale Behandlung der Patientinnen und Patienten durch die zentrale Rolle der hausärztlichen Praxis besser aufeinander abgestimmt werden können. 

Als Nachteil empfinden viele Menschen eventuell, dass sie nun nicht mehr frei über die Wahl ihres Arztes oder ihrer Ärztin entscheiden können. Es ist vorgesehen, dass bei einem eigenständigen Besuch einer fachärztlichen Praxis eine Kostenbeteiligung für die Patientinnen und Patienten anfällt. Hier sieht u. a. der Sozialverband VdK ein Problem. „Menschen mit wenig Geld haben jetzt schon einen schlechteren Zugang zu Gesundheitsleistungen, eine schlechtere Gesundheit und eine geringere Lebenserwartung. Es wäre fatal, diese Menschen noch weiter von einer guten medizinischen Versorgung abzuschneiden“, teilt VdK-Präsidentin Verena Bentele in einer Pressemitteilung mit. Es müssten die gleichen Regeln für alle gelten. Es brauche ein System, in dem es nicht vom finanziellen Vermögen abhänge, ob und wer zuerst eine hausärztliche Praxis aufsuchen müsse.
 

Das könnte auf Praxen zukommen

Auch für haus- und fachärztliche Praxen hätte das Primärarztsystem Konsequenzen. Es käme voraussichtlich zu einem erhöhten Patientenaufkommen in hausärztlichen Praxen, was besonders in ländlichen Gebieten mit niedriger Praxisdichte zum Problem werden könnte. Gegebenenfalls könnten größere Praxisräume und mehr Personal benötigt werden. 

In fachärztlichen Praxen müssten die Abrechnungsmodalitäten überarbeitet werden für Patientinnen und Patienten ohne hausärztliche Überweisung.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes Dr. Carola Reimann erklärt in einer Pressemitteilung, dass sich die heutige hausärztliche Versorgung zu einer Primärarztversorgung weiterentwickeln müsse. „Das bedeutet auch, die Teams in den hausärztlichen Praxen unter Einbeziehung weiterer Gesundheitsberufe breiter aufzustellen.“ 

 

MT

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