Polio-Viren im Abwasser – Impflücken schließen
Die ersten Polio-Erreger wurden in München, Bonn, Köln und Hamburg im Abwasser nachgewiesen. Nun folgten positive Testergebnisse auch aus Dresden, Düsseldorf und Mainz, wie das Robert Koch-Institut (RKI) mitteilte. Doch woher kommen die Viren und wie gefährlich sind sie? Es handelt sich nicht um den Wildtyp des Poliovirus, sondern um Erreger, die man auf die Schluckimpfung zurückführen kann. Sie enthält einen Lebendimpfstoff, den der Patient in Tropfenform oral einnimmt. In Deutschland wird diese schon seit 1998 nicht mehr durchgeführt. Hierzulande wird die Schutzimpfung gegen Polio üblicherweise als Totimpfstoff im Rahmen einer Mehrfachimpfung in den Muskel gespritzt.
Man vermutet daher, dass die nun nachgewiesenen Erreger durch Migranten und Reisende eingeschleppt wurden. Die Schluckimpfung ist in Asien und Afrika noch weit verbreitet. Auch Abwasserproben in anderen europäischen Städten stellten sich als positiv heraus, u. a. in Barcelona und Warschau.
Zwar könnten sich theoretisch ungeimpfte Menschen über infiziertes Abwasser mit Polio anstecken, doch für die breite Bevölkerung besteht kein Grund zur Besorgnis. Trotzdem sollte medizinisches Personal derzeit verstärkt auf Impflücken achten und die Patienten darauf hinweisen, so die Empfehlung des RKI.
Was ist Polio?
Polio steht für Poliomyelitis oder Poliomyelitis acuta und wird im deutschen Sprachraum auch Kinderlähmung genannt. Die Infektionskrankheit befällt allerdings nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene. In Deutschland gab es zuletzt in den 1960er Jahren eine große Erkrankungswelle, bevor 1962 die Schluckimpfung angewendet wurde. Im Jahr 2002 erklärte die WHO die europäische Region als poliofrei. In anderen Teilen der Welt tritt die Erkrankung jedoch immer noch auf.
Viele Polio-Infektionen verursachen gar keine Beschwerden und bleiben unbemerkt. Treten Symptome auf, handelt es sich vor allem um:
- Fieber
- Müdigkeit
- Kopfschmerzen
- Halsschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen
- Bauchschmerzen
- Gliederschmerzen und -steifheit
- Muskelkrämpfe
Bei der milden Version, der sogenannten nicht-paralytischen Form, heilt die Krankheit häufig komplett aus. Bei der paralytischen Form (bei etwa 1 % der Erkrankten) kann es zu Lähmungen kommen, die typischerweise erst später einsetzen und an den Beinen beginnen. Im schlimmsten Fall setzt sich die Lähmung bis zur Lunge fort, sodass eine künstliche Beatmung nötig wird. Einmal aufgetretene Lähmungen hinterlassen in den meisten Fällen dauerhafte Einschränkungen.
Jahre nach einer akuten Infektion kann es zum Post-Polio-Syndrom kommen, das Beschwerden wie Erschöpfung, Muskelschwäche, Schmerzen und Lähmungen verursacht. Eine wirksame medizinische Behandlung der Kinderlähmung existiert noch nicht.
Auch mit einer milden oder unbemerkten Infektion sind die Patienten ansteckend. Die Übertragung passiert als Tröpfchen- oder Schmierinfektion. Schlechte hygienische Verhältnisse begünstigen die Ansteckung.
Diagnostiziert werden kann Polio durch eine Stuhlprobe, einen Rachenabstrich oder eine Blutuntersuchung auf Antikörper. Eine Lumbalpunktion kann Polioviren im Rückenmark nachweisen.
Impfempfehlung gegen Polio
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine vollständige Immunisierung durch die Schutzimpfung. Die Grundimmunisierung erfolgt bereits im Babyalter, erstmals im Alter von 2 Monaten. Danach je noch einmal, wenn das Kind 4 bzw. 11 Monate alt ist. Eine erste Auffrischungsimpfung sollte zwischen 9 und 16 Jahren erfolgen. Als vollständig geimpft gelten Personen, die eine komplette Grundimmunisierung und eine einmalige Auffrischimpfung erhalten haben. Darüber hinaus wird eine weitere routinemäßige Auffrischimpfung für Erwachsene in Deutschland nicht empfohlen.
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