Neue Leitlinie zu unkomplizierten Harnwegsinfekten
Nach 7 Jahren gibt es ein Update der S3-Leitlinie „Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen (HWI)“ . Darüber berichtet aktuell die Pharmazeutische Zeitung (PZ).
Als unkompliziert wird eine Harnwegsinfektion dann gesehen, wenn keine funktionellen oder anatomischen Störungen im Harntrakt vorliegen, wie z. B. eine Harnröhrenverengung. Außerdem dürfen keine Nierenfunktionsstörungen oder Begleiterkrankungen wie Diabetes vorhanden sein, die eine Harnwegsinfektion begünstigen. Harnwegsinfekte bei Männern werden üblicherweise als kompliziert angesehen, da die Prostata mitbetroffen sein kann.
NSAR bei Harnwegsinfekten
Die neue Leitlinie spricht sich dafür aus, nicht-geriatrischen Patienten als Alternative zur Behandlung mit Antibiotika pflanzliche Arzneimittel und nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac zu empfehlen.
Die neue Empfehlung basiert auf 6 Studien. Diese verglichen, ob eine rein symptomatische Therapie einer Harnwegsinfektion mit NSAR, D-Mannose oder pflanzlichen Arzneien die gleichen Heilungschancen wie eine Antibiotika-Einnahme zeigt. Man stellte gute Heilungsergebnisse fest, die allerdings bei der vollständigen Heilung oder der Vermeidung einer Nierenbeckenentzündung etwas schlechter abschnitten als bei der Behandlung mit Antibiotika.
In den Studien konnte durch den Einsatz von NSAR wie z. B. Ibuprofen oder Diclofenac sowie Phytopharmaka (pflanzliche Präparate) häufig auf Antibiotika verzichtet werden.
Bei den pflanzlichen Präparaten schnitt der Inhaltsstoff Bärentraube gut ab. Noch besser waren Kombinationspräparate aus Liebstöckel, Rosmarin und Tausendgüldenkraut. „Vor diesem Hintergrund ist es vertretbar, Patienten mit einer akuten unkomplizierten Zystitis eine nicht antibiotische Behandlung anzubieten“, erklären die Leitlinienautoren.
Bei den Antibiotika-Empfehlungen legt sich die neue Leitlinie auf Fosfomycin, Nitrofurantoin, Nitroxolin, Pivmecillinam und Trimethoprim fest.
Besonderheiten bei geriatrischen Patienten
Geriatrische, also hochbetagte Patienten, stellen in der neuen Leitlinie erstmals eine eigene Patientengruppe dar. Das ist u. a. deshalb sinnvoll, weil die Diagnosestellung bei ihnen häufig durch untypische Symptome oder chronische Beschwerden erschwert ist. Zudem lassen sich häufig Bakterien im Harn nachweisen, ohne dass Symptome auftreten oder dies klinisch relevant wäre.
Die Leitlinie empfiehlt daher, die Diagnose bei geriatrischen Patienten nicht nur auf der Basis des Teststreifens zu stellen. Neben typischen Symptomen sowie mikrobiologischen und laborchemischen Befunden sollen auch untypische Symptome, Verhaltensänderungen (z. B. veränderte Vigilanz) und die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme berücksichtigt werden.
Bei der Behandlung von Harnwegsinfektionen bei älteren Menschen sollten Ärzte beachten, dass der Körper im Alter Wirkstoffe eventuell nicht mehr optimal aufnimmt. Ebenso kann die verminderte Funktion von Organen wie Leber und Niere die Wirkung von Medikamenten beeinflussen. Zudem kann es sein, dass die Patienten nicht mehr in der Lage sind, die verordneten Arzneien in vorgeschriebener Weise einzunehmen.
„Eine akute unkomplizierte Zystitis kann bei geriatrischen Patienten in gleicher Weise behandelt werden wie Harninfektionen bei anderen Patientengruppen, wenn keine weiteren komplizierten Aspekte hinzukommen“, empfehlen die Leitlinienautoren.
Die neue Leitlinie enthält erstmals auch eine Patienteninformation zur Blasenentzündung. In dieser werden die Empfehlungen der Leitlinie noch einmal in laiengerechter Sprache ausgeführt.
Lesen Sie zum Thema auch unseren Beitrag „Sommer, Sonne, Zystitis: So vermeidet man Blasenentzündungen“.
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