| Magazin

Missverständnisse bei Verlangensleistungen klären

Der Begriff „Verlangensleistung“ ist auch für Fachpersonal oft schwer zu erklären. Dabei können diese Leistungen für gesetzlich Versicherte mit großen Nachteilen verbunden sein. Ihre Patientinnen und Patienten sollten also Bescheid wissen und das Risiko einschätzen können.

Oft sind es Formulierungen im BMV-Z, die zu Missverständnissen und Erstattungsproblemen führen.

Formulierungen im BMV-Z
Formulierungen im BMV-Z werden von Zusatzversicherungen oft falsch interpretiert, wie folgendes Beispiel zeigt:

O    Auf Wunsch des Patienten 

  • Ist nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten.
  • Geht weit über das Maß der ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung hinaus (§§ 12, 70 SGB V).
  • Entspricht nicht den Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung
     

Achtung: Kreuzen Sie den ersten und einen der drei folgenden Punkte an, wird die Leistung von der Zusatzversicherung unter Umständen als Verlangensleistung interpretiert. In der Konsequenz verweigert sie die Erstattung. Patientin oder Patient bleiben auf den Kosten sitzen.
 

Keine Behandlungsnotwendigkeit = Verlangensleistung

Sowohl bei gesetzlich als auch bei privat Versicherten ist die richtige Einschätzung einer Verlangensleistung wichtig. Sie löst den Vertrag nach § 2 Abs. 3 GOZ aus, für gesetzlich Versicherte eine weitere Vereinbarung neben dem BMV-Z.

Eine Verlangensleistung entsteht, wenn anhand der Diagnose keine Behandlungsnotwendigkeit festgestellt wird, Patientin oder Patient aber dennoch auf eine Behandlung bestehen – diese also verlangen. Auslöser dafür sind meist ästhetische oder kosmetische Gründe. 
 

Patientenwunsch nicht zwingend eine Verlangensleistung

Die folgenden Beispiele verdeutlichen, dass nicht allein das Verlangen oder der Wunsch ausschlaggebend ist für eine Verlangensleistung. Entscheidend ist vielmehr die Einschätzung der Behandlerin bzw. des Behandlers:

  • Verlangensleistung: Patient wünscht den Austausch einer Frontzahnfüllung, da ihm die Farbe nicht zusagt. Nach Diagnostik stellt sich heraus, dass die Füllung suffizient ist. 

=> § 2 Abs.3 GOZ inkl. aller Begleitleistungen (GKV: zzgl. BMV-Z).

  • Keine Verlangensleistung: Patientin wünscht den Austausch einer Frontzahnfüllung, da ihr die Farbe nicht zusagt. Nach Diagnostik stellt sich heraus, dass die Füllung frakturiert ist und einen Randspalt hat. Aus dem Wunsch der Patientin wird eine notwendige zahnärztliche Behandlung: die Neuversorgung der Kavität mit einer suffizienten Füllung. GKV: § 28 Abs. 2 Satz SGB V + Mehrkostenvereinbarung abzgl. BEMA-Füllung

     

Konsequenz aus § 2 Abs. 3 GOZ

Die Anwendung des § 2 Abs. 3 GOZ erfordert die Auflistung aller Begleitleistungen und die spätere Kennzeichnung auf der Rechnung als Verlangensleistung. Private Versicherungen oder Zusatzversicherungen können die Erstattung ablehnen, wenn dies im Versicherungsvertrag so hinterlegt ist, denn für nicht notwendige Therapien kann die Kostenerstattung entfallen. 

Wichtig: Die Rechnungslegung sollte mit der Steuerkanzlei besprochen werden, denn es kann eine steuerpflichtige Leistung vorliegen.
 

Sachleistung entspricht oft nicht dem Therapiebedarf

Die GKV regelt die Sachleistung nicht anhand des Therapiebedarfs, sondern anhand der Vorgaben durch Richtlinien, BMV-Z und BEMA. Zusatzversicherungen sind aber der Auffassung, dass die Sachleistung der GKV alle notwendigen Leistungen abdeckt. Die Angabe „Auf Wunsch“ wird dann als Verlangensleistung fehlgedeutet und eine Erstattung der Kosten abgelehnt, weil man davon ausgeht, dass die Leistung nicht notwendig war. 

Viele notwendige Leistungen sind entweder durch die Richtlinie ausgeschlossen oder befinden sich erst gar nicht als Leistungsposition im BEMA. Die Aussage „alle notwendigen Leistungen werden von der GKV übernommen“ ist also nicht korrekt. Dazu ein paar Beispiele:

  • Kieferorthopädische Leistungen werden gemäß Richtlinie nach KIG-Schweregrad eingeteilt, notwendige Therapien die anhand der KIG-Grenze keine Sachleistung sind, müssen privat vereinbart werden.
  • Funktionsanalytische Leistungen (FAL) sind nicht als Sachleistung hinterlegt und keine BEMA-Leistung. Auch die FAL zählt zu den notwendigen diagnostischen Leistungen.
  • Professionelle Zahnreinigungen (PZR) sind nicht als Sachleistung hinterlegt und nicht als BEMA-Leistung vorhanden, dennoch aber notwendig.
  • Fissurenversiegelungen werden nur an den Molaren der bleibenden Zähne bis zum vollendeten 18. Lebensjahr als Sachleistung zur Verfügung gestellt. An Prämolaren und/oder Milchzähnen kann dies ebenso notwendig sein, ist aber eine private Leistung.
  • Fluoridierungen sind nur begrenzt durch die Richtlinie als Sachleistung hinterlegt, greift die Richtlinie nicht, muss dies privat vereinbart werden.

     

Musterformulierung: So helfen Sie Patienten bei Erstattungsproblemen

Klären Sie auf! Patienten und Patientinnen sollten generell über das Missverhältnis von Sachleistung und notwendiger Therapie aufgeklärt werden. Raten Sie dazu, Erstattungsverweigerungen nicht hinzunehmen. Folgenden Erläuterungstext können Patientinnen und Patienten für den Widerspruch nutzen:

Gemäß privater Vereinbarung nach BMV-Z haben wir den Wunsch unseres Patienten … für eine private Leistung gekennzeichnet. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich einheitlich um eine Verlangensleistung nach § 2 Abs. 3 GOZ handelt. 

Wir schließen bei Verlangensleistungen mit unseren Patientinnen und Patienten eine zusätzliche Vereinbarung nach § 2 Abs. 3 GOZ ab und kennzeichnen die Leistungen entsprechend gem. § 10 GOZ auf unseren Rechnungen.

Fehlt die Kennzeichnung einer Verlangensleistung auf unserer Rechnung, so liegt keine Verlangensleistung gem. § 2 Abs. 3 GOZ vor. Es handelt sich um eine notwendige Leistung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GOZ.

Eine private Vereinbarung nach BMV-Z kann notwendig werden, wenn die Sachleistung der GKV für eine notwendige Behandlung nicht gegeben ist. Die Sachleistung der GKV wird anhand der Richtlinien und dem BEMA festgelegt. Das zahnmedizinische therapeutische Leistungsspektrum bietet jedoch einen weitaus größeren Umfang. Schließt die Richtlinie eine Sachleistung aus oder ist die notwendige Therapie im BEMA nicht vorhanden, können gesetzlich Versicherte die private Leistung beanspruchen. Dies kann endodontischer Zahnerhalt sein, den die Richtlinie deutlich eingrenzt oder eine professionelle Zahnreinigung, die notwendig ist, jedoch im BEMA als Leistung nicht aufgeführt ist. 

Bitte überprüfen Sie Ihre Kostenerstattung und berücksichtigen Sie die o. g. Information bei Ihrer Bearbeitung.

© 2024 PKV Institut GmbH. Alle Rechte vorbehalten.


Sämtliche Texte und Bilder in unserem Online-Magazin sind urheberrechtlich geschützt. Bitte beachten Sie, dass auch dieser Artikel urheberrechtlich geschützt ist und nur mit schriftlicher Genehmigung des PKV Instituts wiederveröffentlicht und vervielfältigt werden darf. Wenden Sie sich hierzu bitte jederzeit unter Angabe des gewünschten Titels an unsere Redaktionsleitung Silke Uhlemann: redaktion(at)pkv-institut.de. Vielen Dank!

Die Nutzung der Inhalte des Online-Magazins für Text und Data Mining im Sinne des § 44b UrhG ist ausdrücklich vorbehalten (§ 44b Abs. 3 UrhG) und daher verboten. Die Inhalte dieses Werkes dürfen nicht zur Entwicklung, zum Training und/oder zur Anreicherung von KI-Systemen, insbesondere von generativen KI-Systemen, verwendet werden. 

Jetzt Datenschutzbeauftragte werden!

Werden Sie zur Datenschutz­beauftragten und gewinnen Sie an Sicherheit – flexibel neben dem Beruf!