Herzinfarkt: Frauen sterben häufiger
Schlechtere Prognose nach dem Infarkt
„Frauen haben sowohl kurz- als auch langfristig ein zwei- bis dreifach höheres Risiko für eine schlechte Prognose nach einem Herzinfarkt als Männer.“ Diese Bilanz zieht die federführende Forscherin Martina Marinho aus Armada in Portugal bei der Vorstellung ihrer Studie auf einem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie.
An der Studie hatten 884 Personen teilgenommen, die im Durchschnitt 62 Jahre alt waren. Etwas weniger als ein Drittel der Teilnehmer waren weiblich. Sie waren im Mittel etwas älter als die Männer, rauchten seltener und hatten seltener Koronarerkrankungen. 30 Tage nach dem Myokardinfarkt waren 11,6 % der Frauen tot (zum Vergleich: 4,6 % der Männer). Nach 5 Jahren waren 32,1 % der Herzinfarkt-Patientinnen gestorben gegenüber 16,9 % der Männer. Diese Daten zeigen: Frauen haben ein doppelt bis dreimal so hohes Risiko nach einem Herzinfarkt zu sterben.
Den Forschern fiel zudem auf: Zwar begann die Therapie nach dem ersten Auftreten der Symptome bei beiden Geschlechtern nach dem selben Zeitraum. Aber Frauen unter 55 Jahren mussten nach der Einlieferung ins Krankenhaus länger darauf warten, behandelt zu werden als gleichaltrige Männer, nämlich 95 Minuten anstatt 80 Minuten.
Warum es zu diesen Unterschieden kommt, untersuchte die Studie nicht. Doch schon länger ist bekannt, dass Herzinfarkte bei Frauen häufig verzögert oder gar nicht erkannt werden. Woran liegt das?
Spätere Hilfe bei einem Infarkt
Der Herzinfarkt gilt als typische Männerkrankheit. Es stimmt zwar, dass mehr Männer als Frauen einen Infarkt erleiden. Aber trotzdem gehört der Herzinfarkt zu den häufigsten Todesursachen bei Frauen. Das ist immer noch zu wenig bekannt. Jedes Jahr sterben in Deutschland circa 20.000 Frauen an einem Myokardinfarkt und haben danach schlechtere Chancen, wieder gesund zu werden im Vergleich zu den Männern.
Statistisch gesehen erleiden Frauen circa 10 Jahre später als Männer einen Herzinfarkt. Das hat damit zu tun, dass weibliche Geschlechtshormone vor der Bildung von arteriosklerotischen Ablagerungen in den Blutgefäßen schützen. So haben Frauen vor der Menopause ein geringeres Risiko für einen Herzinfarkt. Nimmt die Östrogenkonzentration in den Wechseljahren ab, ändert sich das. Dann steigt das Herzinfarktrisiko bei Frauen schneller an als bei Männern.
Aber auch jüngere Frauen können einen Herzinfarkt erleiden – vor allem, wenn Risikofaktoren bestehen. Dazu gehört zum Beispiel Übergewicht, Rauchen, Bluthochdruck, Stress, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und psychosoziale Belastungen.
Das große Problem ist, dass ein Herzinfarkt bei Frauen oft nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Es vergehen im Schnitt 4,5 Stunden bis sie in die Notaufnahme kommen – bei Männern sind es 3,5 Stunden. Wird im Krankenhaus die richtige Diagnose gestellt, bekommen Frauen und Männer die gleiche Behandlung. Allerdings ist das Wissen darum, ob die Standardtherapie bei Frauen gleich gut wirkt, lückenhaft. Oft sind nur 25 % der Teilnehmer an entsprechenden Studien weiblich.
Wie sich Symptome bei Frauen äußern
Frauen nehmen ihre Symptome häufig nicht ernst, verdrängen sie oder äußern sich erst dann, wenn man sie direkt danach fragt. Oft sind die Symptome bei Frauen diffus und weniger charakteristisch. Die typischen Symptome wie starker Brustschmerz und Luftnot können bei Frauen weniger stark ausfallen oder sogar ausbleiben. Zusätzlich oder stattdessen können folgende Symptome auftreten:
- Engegefühl in der Brust
- Ausstrahlende Schmerzen in Arme und Rücken
- ausschließlich Rückenschmerzen
- Schweißausbrüche
- Oberbauchbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen
- unerklärliche Müdigkeit
- Depressionen
Viele dieser Beschwerden lassen eher an eine Magenverstimmung denken. Das kann auch das medizinische Personal in die Irre führen und dazu beitragen, dass die Wahrscheinlichkeit an einem Herzinfarkt zu sterben, für Frauen höher ist. Eine Studie der Harvard Business School zeigte, dass das vor allem dann der Fall ist, wenn Frauen von jüngeren männlichen Ärzten behandelt werden. Offenbar fehlt es ihnen an der nötigen Erfahrung.
Frauen sollten deshalb gezielt über Symptome eines Herzinfarkts aufgeklärt werden und sich frühzeitig um mögliche Risikofaktoren kümmern, also zum Beispiel mit dem Rauchen aufhören und Stress reduzieren. Insgesamt sollte das Bewusstsein für den weiblichen Herzinfarkt steigen – sowohl in der Bevölkerung als auch in der medizinischen Aus- und Fortbildung.
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