HÄPPI statt immer mehr Patienten in immer weniger Zeit
HÄPPI steht für „Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung Interprofessionell“. Das neue Versorgungskonzept wurde vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband in Kooperation mit der Universität Heidelberg entwickelt. Es versteht sich als Antwort auf„den stetig wachsenden Versorgungsdruck, der unsere Praxen mehr und mehr in die Knie zwingt“, sagt die Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth. Und weiter: „Es ist unser Angebot an Politik, Kassen, aber insbesondere an die Hausarztpraxen, wie Teamarbeit künftig unter hausärztlicher Leitung und mit Hilfe digitaler Tools effizienter und zukunftsorientierter gestaltet werden kann.“ Bevor es so weit ist, müssen die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt werden.
HÄPPI dockt an die bestehenden Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgungan, geht jedoch weiter. Insbesondere Delegation unter dem Dach der Hausarztpraxis soll neu gedacht und gelebt werden. Denn in den meisten hausärztlichen Praxen müssen immer mehr Patienten in immer weniger Zeit versorgt werden.
Hausarztzentrierte Versorgung (HzV)
Über 6 Millionen Patienten und mehr als 16.000 Hausärztinnen und Hausärzte nehmen freiwillig an der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) teil. Weitere über 2 Millionen Versicherte nehmen an den so genannten „add-on-Hausarztverträgen“ teil.
Über das Portal https://www.hausarzt-suche.de/ können Patientinnen und Patienten nach Hausärzten, Internisten oder Kinderärzten suchen, die an Verträgen der Hausarztzentrierten Versorgung zwischen der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft und der regionalen Krankenkasse teilnehmen.
Zukunftsorientiertes, berufsübergreifendes Versorgungsangebot
Im Rahmen von HÄPPI soll die umfassende Patienten-Grundversorgung kontinuierlich, kooperativ und versorgungssteuernd hausärztlich koordiniert werden. Jede teilnehmende hausärztliche Praxis bündelt die Verantwortung, anstatt permanent neue Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten zu etablieren. Neu ist, dass in Kernteams fachärztliche Leitungen mit akademisierten und nicht-akademisierten Fachkräften zusammenarbeiten, die zusätzliche Aufgaben in der Patientenversorgung übernehmen und Ärzte somit entlasten. Das soll eine ganzheitliche Betreuung ermöglichen, Patienten mehr einbeziehen (z. B. durch digitale Tools, die Therapieerfahrugen abfragen), deren Gesundheitskompetenz stärken sowie Über-, Unter- und Fehlversorgung vermeiden. Zudem soll HÄPPI „die hausärztlich inhabergeführten Praxen stärken und nicht die Gewinnförderung von Investoren antreiben“. Dafür könnten Allgemeinmediziner entweder ein Zentrum gründen oder ein Netzwerk aufbauen.
6 Ziele von HÄPPI
1. Interprofessionelle Versorgung in der Teampraxis
2. Patientenzentrierung
3. Steuerung durch Gatekeeping und Vernetzung im Gesundheitswesen
4. Digitale Konzepte und hybride Versorgung stärken
5. Gesundheitskompetenz stärken
6. Ambulantisierung befördern
MFAs, VERAH® und Praxismanagerinnen mit mehr Aufgaben als bisher
Im ausführlichen, 35-seitigen HÄPPI-Konzept werden nicht nur konkrete Szenarien für delegierbare Leistungen an nicht-ärztliches Personal im Hausarzt-Praxisteam abgehandelt, sondern es wird auch eine neue Delegationsrahmenvereinbarung vorgeschlagen, die berufliche Qualifikation oder allgemeine Fähigkeiten und Kenntnisse mehr berücksichtigt als bisher. Dazu wurden 9 Tätigkeitsbereiche einer Hausarztpraxis definiert:
- Labor
- Mobiles Team
- Schulungen und Beratungen
- Organisation und Administration
- Formularwesen
- Technische Untersuchungen
- Anamneseerhebung unter Berücksichtigung des biopsychosozialen Krankheitsmodells
- Klinische und Score-gestützte Untersuchungstechniken
- Anwendungsbereich KI / digitale Tools
HÄPPI sorgt für klare, ressourcenschonende und effiziente Rollen im Praxisteam
Besprechungen unauffälliger Laborbefunde dürften – so das Konzept – akademisch ausgebildete Gesundheitsfachkräfte wie Physican Assistants bevorzugt durchführen. Die Besprechung auffälliger Laborwerte würde weiterhin der Hausärztin bzw. dem Hausarzt obliegen. Ein weiteres reizvolles Betätigungsfeld sind Beratungen und Schulungen. Angehörigenschulungen, Beratungen zum Gesundheitszustand, Beratungen zur Therapie, Sturzprophylaxe, Ernährungsberatung oder DMP-Schulungen sollten VERAH® und akademisierte Gesundheitsberufe bevorzugt durchführen. Bei Inhalatorenschulungen sollten MFAs mitwirken, Beratungen zur Therapie bliebe ihnen jedoch vorenthalten. Für die Klimaresiliente Versorgung / Gesundheitsberatung sind alle Berufe des HÄPPI-Praxisteams außer so genannten Servicekräften qualifiziert.
Die Kompetenzen im Bereich „Organisation und Administration“ sollen für Praxismanagerinnen deutlich erweitert werden. Konkrete Zuständigkeiten liegen im Personal-, Finanz-, Patienten- und Qualitätsmanagement sowie im Infrastrukturmanagement. Sie variieren je nach Praxis. Bürokratie wird an Verwaltungsfachkräfte abgegeben. Damit hat das medizinische Fachpersonal mehr Zeit für die Patientenversorgung.
Das HÄPPI-Konzept setzt auf interprofessionelle hausärztliche Versorgung in Kooperation mit Fachärzten, Kommunen, Gesundheitskiosken, Apotheken, Therapieberufen oder Sozialarbeitern.
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