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Falsche Schönheitsideale – Essstörungen bei Teenagern

Essstörungen sind noch immer weit verbreitet, besonders bei Mädchen im Teenageralter. Der gefährliche Trend zum Dünnsein wird durch die sozialen Medien stark befeuert. Leider bleibt die Erkrankung oft lange unentdeckt, auch für die betreuenden Arztpraxen.

Legging Legs oder Thigh Gap, A4-Taille oder Paper Waist – all diese Begriff stehen für sehr schlanke bis unterernährte Körperformen, denen vor allem junge Mädchen nacheifern. Mit einem normalen Essverhalten sind diese kaum zu erreichen. Eine Auswertung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) zeigt die Folgen: Die Fälle von Magersucht, Bulimie und Binge Eating bei den 12- bis 17-jährigen Mädchen sind in den Jahren von 2012 bis 2022 stark angestiegen, von 90 auf 139 Fälle pro 10.000 Versicherten. Das entspricht einem Zuwachs von etwa 54 %. Im Vergleich dazu gibt es bei den gleichaltrigen Jungs nur 38 Fälle.
 

Social Media zeigt falsche Vorbilder

Doch wie kommt es, dass besonders die weiblichen Teenager solchen gefährlichen Trends folgen? Was ist erstrebenswert daran, eine Taille mit dem Durchmesser eines DIN A4-Blatts zu besitzen? Oder beim Tragen einer Leggings eine Lücke zwischen den Oberschenkeln zu haben, die sogenannten Leggings Legs? „Sie vergleichen sich intensiver in sozialen Medien als gleichaltrige Jungen und beschäftigen sich stärker mit sich selbst. Außerdem spüren sie einen höheren Druck, Schönheitsidealen zu entsprechen“, sagt KKH-Psychologin Franziska Klemm. Häufig sei das durch Gewichtsabnahme erstrebte Vorbild jedoch gar nicht zu erreichen, weil manches einfach vom Körperbau abhänge.
 

Alarmzeichen für Essstörungen

Was vielen nicht bewusst ist: Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie können im schlimmsten Fall tödlich enden. Studien schätzen das Sterberisiko bei Patientinnen mit Anorexia nervosa etwa 6 bis 10-mal höher ein als das ihrer Altersgenossinnen. Innerhalb von 10 Jahren versterben rund 10 % der Betroffenen. Äußern Angehörige einen Verdacht auf eine Essstörung beim Kinder- und Jugendarzt, sollte dieser also auf jeden Fall ernst genommen werden.

Bei den beiden Jugend-Vorsorgeuntersuchungen J1 (12–14 Jahre) und J2 (16–17 Jahre) werden auch Körpergröße und Gewicht gemessen, zudem sprechen viele Kinderärzte von sich aus das Thema Ernährung an. Viele Teenager sind allerdings sehr verschlossen und sprechen wenig über ihre tatsächlichen Sorgen und Bedürfnisse. Doch schon kleine Auffälligkeiten können in Kombination Hinweise auf ein problematisches Essverhalten geben:

  • Deutliches Über- oder Untergewicht, vor allem, wenn es relativ schnell aufgebaut wird
  • Noch nicht eingesetzte oder ausbleibende Monatsblutung bei Mädchen über 14 Jahren
  • Blässe und Augenringe
  • Brüchige Fingernägel
  • Schlafstörungen
  • Ohnmachtsanfälle
  • Psychische Auffälligkeiten wie Ticks, depressive Verstimmungen oder Ängste
  • Schlechtreden des eigenen Körpers („meine Oberschenkel sind zu fett“)
  • Abfallen der schulischen Leistungen
  • Rückzug von sozialen Aktivitäten
  • Exzessives Sporttreiben
  • Berichte von Angehörigen über Hungern, Erbrechen oder Essanfälle
  • Auffälliges Essverhalten (nur noch ausgewählte Lebensmittel, Essen nur zu bestimmten Zeiten, die Mahlzeiten müssen besonders angerichtet sein)
  • Im Blutbild zeigen sich Nährstoffmängel (Magnesium, Eisen, Vitamine)

 

Pille gegen Gewicht

Einige Betroffene suchen auch ärztliche Unterstützung bei der Gewichtsreduktion. Vor allem die neue Abnehmspritze Wegovy suggeriert, dass man nun ganz schnell und einfach durch ein Medikament ein paar Kilo loswerden kann. Da diese jedoch nur Erwachsenen in Ausnahmefällen verschrieben wird, greifen viele Teenager auf altbekannte Diätmittel zurück. Weit verbreitet ist z. B. die dauerhafte Einnahme von Abführmitteln. Es gibt mittlerweile auch zahlreiche rezeptfreie Arzneien wie Fettblocker oder Diätpillen, die eine schnelle Gewichtsabnahme versprechen. Bei den Jugendlichen hat sich außerdem herumgesprochen, dass der bei ADHS eingenommene Wirkstoff Methylphenidat häufig Appetitlosigkeit und somit Gewichtsabnahme zur Folge hat. Bittet ein Jugendlicher in der Praxis gezielt um Verschreibung solcher Medikamente, sollten beim Praxisteam die Alarmglocken schrillen.

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