Ergebnisse des Krisengipfels
Als Reaktion auf die erneuten Protestschließungen vieler Praxen zum Jahresende kann man den nun recht spontanen Krisengipfel des Gesundheitsministers verstehen. Eingeladen waren u. a. Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Bundesärztekammer (BÄK), des Hausärzteverbands, des Spitzenverbands der Fachärzte Deutschlands (SpiFa) und des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).
Lauterbach stellt Maßnahmen vor
Wie die Ärztezeitung berichtet, präsentierte Karl Lauterbach im Anschluss an das Treffen ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der ambulanten Versorgung. Darin enthalten ist u. a., dass hausärztliche Leistungen künftig besser und berechenbarer honoriert werden sollen. Noch diesen Monat möchte Lauterbach dafür eines von zwei Versorgungsgesetzen vorlegen, in denen die Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Er beziffert den dadurch entstehenden Honorarzuwachs der Hausärzte auf einen dreistelligen Millionenbetrag. „Diese Mehrausgaben werden zu einer Stabilisierung der Finanzen im hausärztlichen Bereich führen“, so der Gesundheitsminister. Er kündigte außerdem einen „fast vollständigen“ Verzicht auf Arzneiregresse an. „Wir werden mehr vertrauen.“
Ausstieg aus der Quartalslogik
„Die hausärztliche Versorgung ist auf der Tagesordnung des Ministers angekommen“, kommentiert Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Deutschen Hausärztinnen- und Hausärzteverbands. Ihr Kollege Dr. Markus Beier zeigt sich besonders zufrieden über den Ansatz des Ministers, aus der Quartalslogik auszusteigen. „Wenn wir in den Praxen Patienten behandeln, die chronisch erkrankt sind, dann müssen wir die pro Quartal zweimal sehen, egal, ob medizinisch notwendig oder nicht“, sagte er. Die Änderung dieser Vorschrift sei daher richtig.
Angedachte Maßnahmen
Für hausärztliche Praxen plant Lauterbach im Versorgungsgesetz 1 folgende Maßnahmen:
- Die Entbudgetierung aller hausärztlichen Leistungen im EBM-Kapital 3.2 in Form einer „Hausarzt-Morbiditätsorientierten Gesamtvergütung (MGV)“. Nach Verbrauch des Honorarvolumens müssten die Krankenkassen einspringen.
- Für Erwachsene mit chronischen Erkrankungen und einer Dauermedikation soll es zukünftig eine jahresbezogene hausärztliche Versorgungspauschale geben. Diese soll einmal jährlich beim ersten Praxisbesuch abgerechnet werden. So sollen die heute noch notwendigen Quartalsbesuche reduziert werden können, wenn z. B. eine Mehrfachverordnung für Dauermedikation möglich ist.
- Sogenannte „Versorgerpraxen“, die in einer Region die hausärztliche Versorgung sicherstellen, sollen eine hausärztliche Vorhaltepauschale erhalten. Kriterien könnten u. a. Hausbesuche oder eine definierte Anzahl an Versicherten sein, die in der Praxis behandelt werden.
- Für die qualifizierte Hitzeberatung vulnerabler Menschen soll es eine jährliche Vergütung geben.
- Für alle Fachgebiete will Lauterbach eine „wirkungsvolle“ Bagatellgrenze bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen einführen.
Das zweite Versorgungsgesetz soll beinhalten:
- eine Ausschlussfrist von zwei Jahren für Beratungen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen
- die Möglichkeit der digitalen Teilnahme an Beschwerdeausschusssitzungen
- die Abschaffung des zweistufigen Antragsverfahrens zur Kurzzeitpsychotherapie
- die Vereinfachung der Vorgaben zur Einholung eines Konsiliarberichts bei ärztlichen Überweisungen zur Psychotherapie
- die Abschaffung der Präqualifzierungspflicht für Vertragsärzte, die Hilfsmittel abgeben
Kein befriedigender Abschluss
Kritik an Lauterbachs Vorschlägen äußerte u. a. Dr. Dirk Heinrich, Vorsitzender des Virchowbundes. Der Gipfel sei „auf halbem Weg stehen geblieben“. „Lauterbachs Ansatz, einseitig die hausärztliche Versorgung zu fördern und die Fachärzte weiterhin zu ignorieren, sei ein Versuch, die Ärzteschaft zu spalten und das Gesundheitssystem komplett umzubauen. Heinrich sieht den Krisengipfel nicht als den großen Durchbruch. Die fachärztlichen Praxen müssten folglich weiterhin im Protestmodus bleiben. Zwar seien die Interessen der Gebietsärzte zur Kenntnis genommen worden, Zusagen wären jedoch ausgeblieben. So drohe weiterhin eine Verschärfung der Versorgungsengpässe, noch längere Wartezeiten auf Facharzttermine, Wartelisten und weitere Leistungskürzungen.
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