

Entlastung per Konzept: So verändert HÄPPI die Arbeit in Hausarztpraxen

10 baden-württembergische Hausarztpraxen testeten das Projekt HÄPPI (Hausärztliches Primärversorgungszentrum Patientenversorgung interprofessionell) im zweiten Halbjahr 2024. Über die Ergebnisse berichtet nun u. a. die Deutsche Ärztezeitung.
Wege aus der Versorgungskrise
Die 10 Testpraxen sollten erproben, wie hausärztliche Praxen auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet werden können. Die derzeitige Versorgungssituation ist laut Professor Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Vorsitzende des Baden-Württembergischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, durch die wachsende Belastung der Praxen und den erschwerten Zugang der Patienten zum Gesundheitssystem problematisch. „Die Pilotierung und die wissenschaftliche Evaluation zeigen, dass HÄPPI eine Lösung für diese Versorgungskrise sein kann“, betonte sie.
Nach der Einschätzung von Professor Attila Altiner, ärztlicher Direktor der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Heidelberg, stellt HÄPPI die notwendige Transformation der Primärversorgung dar. Anders als vielfach angenommen, bedeutet das Konzept nicht eine Verknappung der Ressourcen, sondern vielmehr eine Qualitätssteigerung in der hausärztlichen Versorgung.
Neue Aufgabenverteilung
Wichtigster Punkt des Projekts ist das interprofessionelle Team (wir berichteten). Das bedeutet eine stärkere Zusammenarbeit von ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie nicht-akademisierten Berufsgruppen wie MFAs, VERAHs (Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis), Primary Care Managerinnen (PCM) oder Physican Assistants (PA).
In einigen der Testpraxen ist die Umsetzung gut gelungen. Unter ihnen waren sowohl Einzelpraxen als auch Großpraxen mit mehreren Ärztinnen und Ärzten sowie einem Team von teilweise mehr als 30 Mitarbeiterinnen an mehreren Standorten.
In 6 Praxen wurden nach HÄPPI Mitarbeiterinnen mit Routineuntersuchungen im Rahmen von DMP beschäftigt. Vor dem Projekt waren es nur 2 Praxen. Besonders klar wird der Vorher-/Nachher-Effekt bei den Hausbesuchen. Nach HÄPPI führten in allen 10 Praxen VERAHs die Hausbesuche durch, zuvor war das nur in einigen Praxen der Fall gewesen.
Die PAs und PCMs wurden nach dem Projekt in 7 statt 4 Praxen in der Infektionssprechstunde eingesetzt. Außerdem erhielten sie in einigen Praxen u. a. mehr Verantwortlichkeiten für die Untersuchung von Neupatientinnen und Neupatienten oder im Rahmen des Impfmanagements. 9 der 10 Testpraxen gaben an, dass durch die Änderungen das ärztliche Personal entlastet wurde und sich so mehr auf die komplexeren Patientenfälle konzentrieren konnte. Die Hälfte der Praxen konnte folglich mehr Patientinnen und Patienten versorgen.
Vorteile für das Praxisteam
Attila Altiner berichtet, dass die Zusammenarbeit im Team so von einer zunehmenden Wertschätzung und gleichzeitig höherer Motivation geprägt worden sei. „HÄPPI stößt nicht nur strukturelle Veränderungen an, sondern fördert auch arbeitskulturelle Veränderungen in den Praxen.“
Einen großen Fortschritt gab es auch beim Einsatz von Digitalisierungsmaßnahmen in den Testpraxen. Ihre Einführung wurde im Rahmen von HÄPPI in den Praxen unterstützt. So hatten nach Abschluss des Projektes insgesamt 9 Praxen eine Online-Terminbuchung eingerichtet (vormals 4), 8 Praxen kommunizierten per Messenger mit ihren Patientinnen und Patienten (zuvor 3) und 7 Praxen bieten nun eine Videosprechstunde an (vorher 3). Weitere Maßnahmen: die Einrichtung digitaler Telefonassistenzsysteme oder von Self-Check-in-Schaltern. 9 von 10 Praxen empfanden dadurch eine relevante Entlastung, die sich durch ein reduziertes Stresslevel und eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit zeigt.
Nicola Buhlinger-Göpfarth betont: „Mit dieser bundesweit ersten Pilotierung ging es uns darum, die Machbarkeit und die Skalierbarkeit von HÄPPI zu untersuchen. In der Pilotierung konnten wir zeigen, dass HÄPPI in Praxen aller Größen und Strukturen umsetzbar ist. Das heißt, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, ist HÄPPI flächendeckend umsetzbar.“
„Wir müssen Angebote schaffen, die den Praxen die Transformation ermöglichen“, forderte Susanne Bublitz beim Hausärztetag. Der Aufwand der Umsetzung solcher Maßnahmen müsse abgebildet werden. Sie sieht dabei auch die Unterstützung durch die Krankenkassen und die Politik als unerlässlich an.
MT
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