Diabetes: Wer Therapieziele erreicht, lebt länger
Modell zur Berechnung der Restlebenszeit vorgestellt
Typ-2-Diabetiker könnten ihre Lebenserwartung im günstigsten Fall um mehr als 10 Jahre verlängern. Zu diesem Ergebnis kamen US-amerikanische Wissenschaftlerinnen, als sie aus den Ergebnissen einer Studie ein Simulationsmodell zur Berechnung der Restlebenszeit entwickelten.
Demnach könnten Menschen mit einem Typ-2-Diabetes Lebensjahre hinzugewinnen, wenn sie ihr Gewicht, ihren Blutdruck sowie die Konzentration von Blutfetten und Blutzucker reduzieren. Eine von den Forschern entwickelte Tabelle zeigt, welche Maßnahmen wie viel bringen – abhängig vom Alter, dem Geschlecht und dem individuellen Risikoprofil.
Diese Tabelle könnte genutzt werden, um die Motivation der Patienten zu erhöhen, die anvisierten Therapieziele zu erreichen. Dies gelingt oft deshalb nicht, weil die Last der Therapie als schwerwiegender empfunden wird als die Last der Krankheit. Die Nationale Versorgungsleitlinie zu Typ-2-Diabetes empfiehlt aus diesem Grund das Konzept der partizipativen Entscheidungsfindung anzuwenden. Hierbei legen die Patientinnen gemeinsam mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin fest, welche Ziele sie realistischerweise erreichen können und wollen.
Machen Sie den Nutzen von Therapiezielen sichtbar
Die Tabelle zur Berechnung der Restlebenszeit könnte als Instrument eingesetzt werden, um den Nutzen bestimmter Therapieziele zu verdeutlichen. Sie beruht auf einem Simulationsmodell mit dem Namen BRAVO. Die Abkürzung steht für Building (Erbauen), Relating (Verbindung), Assessing (Bewertung) und Validating (Überprüfen) von Outcomes (Ergebnissen). BRAVO wurde mithilfe einer repräsentativen Gruppe von 421 erwachsenen US-Amerikanern mit Typ-2-Diabetes kalibriert und teilt die 4 Parameter Gewicht (Body Mass Index, BMI), Systolischer Blutdruck (SBP), Blutfette (LDL-Cholesterin) und Blutzucker (HbA1c) in jeweils 4 Quartile ein.
Durch den Wechsel vom vierten Quartil in das dritte, zweite oder erste erhöht sich jeweils die Lebenserwartung:
- Beim BMI kann ein Wechsel aus dem vierten Quartil mit einem im Mittel-BMI von 41,4 in das dritte Quartil mit einem Mittel-BMI von 33 die Lebenserwartung um 2 Jahre erhöhen. Beim Wechsel in das zweite Quartil mit einem Mittel-BMI von 28,6 verlängert sich die zu erwartende Restlebenszeit um 2,9 Jahre und beim Wechsel in das erste Quartil mit einem Mittel-BMI von 24,3 um 3,9 Jahre.
- Beträgt der Mittelwert des SBP statt 160,4 mmHg (viertes Quartil) 139,1 mmHg (drittes Quartil), verlängert sich die zu erwartende Restlebenszeit um 1,1 Jahr. Beträgt er stattdessen 128,2 mmHg (zweites Quartil) verlängert sie sich um 1,5 Jahre. Und beträgt er stattdessen 114,1 mmHg (erstes Quartil) kann man 1,9 zusätzliche Lebensjahre erwarten.
- Bei der Reduktion des LDL-Cholesterin kann eine zusätzliche Lebenserwartung von 0,5 Jahren (von 146,2 mg/dl auf 107 mg/dl), von 0,7 Jahren (von 146,2 mg/dl auf 84 mg/dl) und 0,9 Jahren (on 146,2 mg/dl auf 59 mg/dl) erreicht werden.
- •Beim HBA1c kann eine Reduktion von 9,9 % auf 7,7 % für 3,4 zusätzliche Jahre sorgen und bei einer Senkung auf 6,8 % für 3,9 Jahre. Eine noch stärkere Reduktion bringt hier keine weiteren Lebensjahre zusätzlich.
Größten Nutzen bringt die Senkung von BMI und HBA1c
Insgesamt bringen Abnehmen und Blutzucker-Senkung den größten Zugewinn an Lebensjahren. Individuell gibt es aber große Variationen. So können Patienten mit sehr hohen Werten an HBA1c, SBP, LDL-Cholesterin und BMI den höchsten Nutzen aus dem Erreichen von Therapiezielen ziehen.
Mit zunehmendem Alter sinkt der Lebenszeiteffekt einer Therapieoptimierung. Je älter ein Patient ist, desto mehr ist es nötig, einen guten Ausgleich zwischen Lebensqualität und Therapiezielen zu finden. Umso wichtiger scheint die Kontrolle der Biomarker in jüngeren Jahren.
Die Wissenschaftlerinnen planen, demnächst eine App zur Berechnung des Lebenszeitgewinns anzubieten. So können die Risikoparameter und ihr Verlauf genauer eingegeben und analysiert werden.
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