Cannabisfreigabe – Bundestag stimmt zu
Die Debatte vor der Abstimmung verlief teilweise hitzig, wie das Ärzteblatt berichtet. Allen voran befürwortet Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Freigabe. Er erklärte, dass zwischen 2011 und 2021 der Anteil der Cannabiskonsumenten unter Kinder- und Jugendlichen um 50 % gestiegen sei, bei den 18- bis 25-Jährigen sogar um 100 %. Hier hätten alle derzeitigen Verbotsmaßnahmen nichts geholfen. „Die Lage, in der wir derzeit sind, ist in keiner Weise akzeptabel und nicht befriedigend“, sagte er. Denn den Konsumenten bleibe nur der Schwarzmarkt, auf dem Beimischungen oder zu hohe THC-Konzentrationen mit schweren gesundheitlichen Auswirkungen nicht kontrolliert werden könnten.
Lauterbachs Rede kam nicht bei allen gut an und sorgte für zahlreiche Zwischenrufe im Saal, z. B. von Tino Sorge, dem gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. „Sie behaupten ernsthaft als Bundesgesundheitsminister, der für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zuständig ist, dass wir mit der Legalisierung einen Beitrag dazu leisten. Das ist der größte Unsinn, den ich je gehört habe.“ Seine Parteikollegin Simone Borchardt warnte davor, dass das Gesetz zu zusätzlichen Belastungen im sowieso überlasteten Gesundheitssystem führen könnte.
Lauterbach widersprach: „Wir verharmlosen das nicht, sondern wir ziehen das aus der Tabuzone raus und klären die Kinder und Jugendlichen auf – eine Aufklärung, die wir ihnen schulden“. Daten aus Kanada würden zeigen, dass der Jugendkonsum dort seit der Legalisierung besser im Griff sei. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) ergänzte, dass das Beispiel Kanada auch zeigen würde, dass der Schwarzmarkt durch eine kontrollierte Freigabe eingeschränkt werden könne. Nur 2 % der dortigen Konsumierenden würde ihr Cannabis noch aus illegalen Quellen beziehen.
Bundesärztekammer warnt
Die Bundesärztekammer (BÄK) kritisiert die Entscheidung. Schon im vergangenen Jahr verdeutlichte Präsident Klaus Reinhardt: „Durch die Freigabe wird eine Droge verharmlost, die nachgewiesenermaßen abhängig macht und zu schweren Entwicklungsschäden führen kann – gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.“
Er gibt damit die Meinung vieler Mediziner wieder, die besonders bei den jungen Menschen bis 25 ein erhöhtes Risiko sehen, durch übermäßigen Cannabis-Konsum bleibende Schäden am Gehirn zu erleiden. Psychosen, kognitive Defizite, Depressionen und Angststörungen können die Folgen sein.
Auch der Präsident der Landesärztekammer Hessen (LÄKH), Edgar Pinkowski, bezeichnete laut Ärzteblatt die Annahme des Gesetzes als gravierende Fehlentscheidung und „schwarzen Tag für die Suchtprävention“. Es sei verantwortungslos, dass sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit seinem Gesetzesentwurf, dessen Ziele der internationalen Erkenntnislage widersprächen, über die Bedenken von Ärzten und weiteren Fachleuten hinweggesetzt habe.
Wie geht es weiter?
Als nächsten Schritt muss das Gesetz noch durch den Bundesrat. Dieser könnte es nicht stoppen, aber in den Vermittlungsausschuss überweisen. Bereits jetzt gibt es Proteste aus den einzelnen Bundesländern, etwa Nordrhein-Westfalen und Hamburg, die mit dem baldigen Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. April nicht einverstanden sind. Die Länder bräuchten mehr Zeit für die Umsetzung.
Geplant ist, dass ab dem 1. April jeder Erwachsene 25 g Cannabis mit sich führen sowie zu Hause 50 g lagern darf. Außerdem darf jeder Volljährige 3 weibliche Pflanzen zu Hause pflegen. In Cannabisclubs mit bis zu 500 Mitgliedern dürfen in Gewächshäusern gemeinschaftlich Pflanzen gezogen werden. Clubmitglieder dürfen dann 25 g pro Tag und 50 g im Monat beziehen. Bei Erwachsenen bis 21 Jahren ist die Abgabe auf 30 g pro Monat beschränkt und der THC-Gehalt muss ebenfalls schwächer sein. Unter 18 Jahren sind Konsum und Kauf verboten.
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