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Ärztebefragung offenbart viele Sorgen

Alarmierende Ergebnisse zeigt eine aktuelle Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Über 60 % der befragten Ärzte und Psychotherapeuten spielt demnach mit dem Gedanken, vorzeitig aus der Patientenversorgung auszusteigen.

Rund 32.000 Ärzte und Psychotherapeuten haben sich an der Umfrage beteiligt, die von der KBV zusammen mit dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) durchgeführt wurde. Darin spiegelt sich die derzeitige Unzufriedenheit der Beschäftigten im Gesundheitswesen mit der aktuellen Gesundheitspolitik wider. Unter anderem gaben über 90 % an, sich durch die Vielzahl bürokratischer Aufgaben überlastet zu fühlen.

Weitere Ergebnisse:

  • 60,5 % überlegen aufgrund der Rahmenbedingungen, vorzeitig aus der Patientenversorgung auszuscheiden (rund 70 % der Haus- und Fachärzte)
  • 61,9 % fühlen sich durch die Arbeit ausgebrannt
  • 73,2 % gaben an, dass ihnen für die Behandlung der Patienten nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht
  • 85,4 % finden, dass ihre Leistungen nicht angemessen honoriert werden.
  • 87,7 % gaben an, dass die derzeitigen Digitalisierungsmaßnahmen den Praxisablauf beeinträchtigen
  • 91,3 % nehmen von Seiten der Politik keine angemessene Wertschätzung für ihre Arbeit in der Patientenversorgung wahr
  • 82,2 % finden schwer geeignetes Praxispersonal auf dem Arbeitsmarkt.
  • 65,6 % fühlen sich durch die Regressgefahren in der Patientenversorgung eingeschränkt
  • 72,2 % machen sich Sorgen, einen geeigneten Nachfolger zu finden (rund 85 % der Haus- und Fachärzte)
  • 38,3 % würden sich heute nicht wieder niederlassen
     

Auf der KBV-Vertreterversammlung am vergangenen Freitag verdeutlicht die Vorsitzende Dr. Petra Reis-Berkowicz: „Diese Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Vereinfacht gesagt: Ärzte und Psychotherapeuten wollen schlichtweg ihren Job machen – und das so gut wie möglich. Aber miserable Rahmenbedingungen bremsen sie an allen Ecken und Enden aus.“ Sie verwies ausdrücklich auf die 7 Kernforderungen der KBV an Gesundheitsminister Karl Lauterbach vom August, um Abhilfe zu schaffen.
 

Versorgungslücken drohen

Als „mehr als ein Alarmsignal“ wertete KBV-Chef Dr. Andreas Gassen die Ergebnisse der aktuellen Ärztebefragung. „Sie übertreffen meine schlimmsten Erwartungen. Wenn die Politik jetzt nicht reagiert, werden wir bereits ab dem kommenden Jahr zunehmende Versorgungslücken haben, nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten.”

Die Umfrage ergab, dass fast 100 % der Befragten ihre Arbeit als nützlich und sinnvoll empfänden. Neben der ausufernden Bürokratie, der mangelhaften Digitalisierung und der unzureichenden finanziellen Situation würden sie jedoch auch an der fehlenden politischen Wertschätzung leiden, kritisierte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner. „Es führt kein Weg daran vorbei: Die flächendeckende, wohnortnahe und qualitativ hochwertige ambulante Versorgung braucht gute und vernünftige Rahmenbedingungen.“

Dieser Meinung ist auch der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried: „Noch existiert ein dichtes Praxisnetz, durch das mehr als 600 Millionen Behandlungsfälle pro Jahr versorgt werden. Aber schon jetzt sind bundesweit fast 6.000 Arztsitze unbesetzt, weil die Niederlassung im Vergleich zu anderen Formen der ärztlichen Berufsausübung an Attraktivität eingebüßt hat. Tendenz steigend.“ Wer aufhöre, finde immer seltener einen Nachfolger für die Praxis. Damit würden Lücken in das bislang noch engmaschige Versorgungsnetz gerissen, welche niemals durch die jetzt schon überforderten Krankenhäuser gefüllt werden könnten. „Die Leidtragenden werden die Patienten sein.“
 

„Lass dich nieder“

Mit einer eigenen Kampagne wendet sich die KBV seit fast 10 Jahren gezielt an Medizinstudierende und junge Ärzte. Das Ziel: Sie wollen die Nachwuchskräfte über die Arbeit in niedergelassenen Praxen informieren und dafür begeistern. So möchte man dem massiven Ärztemangel, vor allem im hausärztlichen Bereich und in bestimmten Regionen, entgegenwirken.

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