„Wir geben alles, um unseren Patienten medizinisch und menschlich die bestmögliche Behandlung zu bieten“
Krise als Chance für Weiterentwicklung
Als Ulrike Lorke, seit 2017 MFA in der Berufsausübungsgemeinschaft, im Sommer 2020 zur Praxismanagerin ernannt wurde, herrschte coronabedingter Ausnahmezustand in der Praxis: Im März 2020, ausgerechnet zur Erkältungszeit, war eine gesamte Abteilung in Quarantäne geschickt worden: „Viele unserer Patienten sind schwer krank, manche warteten seit Monaten auf ihre Termine, die wir jetzt auch noch verschieben mussten,“ sagt Lorke. „Wenigstens die Patienten, die dringend behandelt werden mussten, gut zu versorgen, war ein Kraftakt: MFAs aus anderen Abteilungen halfen aus, es wurde weit nach Ende der regulären Sprechstunde behandelt, Patienten wurden dazwischengeschoben – wir alle kamen an unsere Grenzen.“ Der völlig veränderte Praxisalltag mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen sowie veränderte häusliche und familiäre Situationen belasteten zusätzlich, es blieb weniger Zeit für organisatorische Aufgaben wie Dienstplanung, zugleich wurden diese organisatorischen Aufgaben noch komplexer. Für Corona-Impfungen, die die Praxis ihren Patienten anbieten konnte, mussten Räume und Strukturen geschaffen werden. Stets adäquate Vorkehrungen für Hygiene und Infektionsprävention zu treffen, um die vielen Dialysepatienten, Immunsupprimierten, Transplantierten und Tumorpatienten zu schützen, erforderte immer neue, teils erhebliche Eingriffe in alle Bereiche der Praxisorganisation. Die wechselnden Bund- und Landesbestimmungen, Informationen von Gesundheitsamt, RKI und KV innerhalb kürzester Zeit an alle Mitarbeiter, Teilzeitkräfte und Minijobber zu bringen, war mit den üblichen Mitteln nicht mehr möglich: „Mit Zettelwirtschaft kommt man in der Krise nicht weit“, sagt Lorke.
Mitten in dieser Krise starteten die Verwaltungs- und Personalchefin Bea Deiringer, Praxismanagerin Ulrike Lorke und der EDV-betreuende Arzt Dr. Lukas Piazolo ein Mammutprojekt, das viele sich selbst in ruhigen Zeiten nicht zumuten würden: Sie installierten eine neue Software für Dienstplanung und Zeitmanagement aus dem Krankenhausbereich. „Das war eine Herausforderung“, bestätigt Deiringer, und erklärt: „Wir haben zwar als Team sehr gut funktioniert, uns gegenseitig ausgeholfen, wo es nur ging, sogar Kolleginnen in der Quarantäne nicht allein gelassen, ich bin wirklich stolz auf unser Team. Aber die Pandemie hat uns auch gewisse Defizite und Verbesserungspotentiale deutlich vor Augen geführt. Als Praxis, die Qualitätsmanagement lebt, waren das für uns wertvolle Erkenntnisse, die wir nicht ignorieren konnten. Und worauf warten? Ein Ende der Krise war nicht in Sicht. Wir haben die Krise also angenommen und sie letztlich genutzt, um Team und Praxis weiterzuentwickeln.“
Regelmäßiger Austausch sorgt für Transparenz und beugt Missverständnissen vor
Die Lehren aus der Krise sind vielfältig: Eine Info-Mappe mit Monatsreitern und ein für alle zugänglicher Dateiordner „Corona“ hält alle Mitarbeiter auf dem neuesten Stand der Bestimmungen. Zusätzlich zu den vierteljährlichen Meetings zu allgemeinen Praxisthemen wurden regelmäßige Abteilungsmeetings eingeführt und auch die Besonderheiten je Abteilung werden im Haus gezielt kommuniziert. Dass Kommunikation eine große Rolle spielt, war schon lange vor Corona klar: Deshalb finden einmal im Jahr Teammeetings speziell zum Thema Kommunikation statt, auch um Konflikte gemeinsam besser zu lösen: „Bei einem großen Team mit anspruchsvollen Aufgaben kommt es auch mal zu Missverständnissen oder gar verfahrenen Situationen“, sagt Personalchefin Deiringer. „Wir schauen uns die Situation dann themenbezogen an. Oft sind Fehler in Strukturen und Prozessen, die wir direkt beheben können, die eigentliche Quelle für Unmut. Es ist wichtig, miteinander zu sprechen – für uns selbst und für die Praxis.“
Mit Rotation und flexiblem Einsatz persönliche Stärken entdecken und weiterentwickeln
Neben der verbesserten Kommunikation brauchte es aber noch ein weiteres Instrument, um abteilungsspezifisches Praxiswissen in Umlauf zu bringen. In der Krise wurde deutlich, dass zum Beispiel MFAs aus der Kardiologie nicht ohne weiteres bei der Dialyse einspringen können und umgekehrt. Wie also dafür sorgen, dass im Notfall jeder überall einspringen kann? Ein Rotationssystem wurde eingeführt: Auszubildende durchlaufen inzwischen jede der 7 Abteilungen. Sie haben MFAs als persönliche Mentorinnen und feste Ansprechpartner, können aber in jedem Bereich Erfahrungen sammeln. „So können Berufsanfänger ihre Stärken und Interessen entdecken und wir sind langfristig als Praxis auf Ausfälle immer gut vorbereitet“, sagt Deiringer. Doch nicht nur für Auszubildende hat die Flexibilisierung, der systematische interne Austausch und das moderne Dienstplan- und Zeitmanagement positive Folgen: Die Praxis ist insgesamt agiler geworden, Dienste können in Absprache mit der Abteilungs- und Praxisleitung mühelos getauscht werden. „Wir haben mit dem neuen System optimale Rahmenbedingungen geschaffen, damit jeder seine eigenen Stärken, Talente und Interessen entdecken und entwickeln kann“, sagt Deiringer. „Mit diesem Team können wir jede Herausforderung annehmen und werden jede Krise meistern“, sagt die in der Gemeinschaftspraxis niedergelassene Nephrologin Dr. Anna Ziegler: „Wir Ärztinnen und Ärzte wussten schon lange, dass wir hier mit dem besten Praxisteam arbeiten dürfen. Auch wir freuen uns sehr über den MFA-Award 2021, wir sind stolz auf unser Team und gratulieren herzlich zu dieser öffentlichen Anerkennung. Der Award macht auch nach außen sichtbarer, was unser Team, aber auch der gesamte Berufsstand Tag für Tag leistet.“
Weiterbildung für mehr Sicherheit im Team und zufriedene Patienten
In der Gemeinschaftspraxis zeigt sich sehr gut, was für den Beruf insgesamt gilt: Er wird komplexer. MFAs brauchen ein breites medizinisches Wissen, zahlreiche praktische Fertigkeiten, sie müssen gut mit Menschen umgehen können, organisieren, managen, improvisieren und vieles mehr: „Es ist ein vielseitiger, anspruchsvoller und schöner Beruf, der oft anstrengend ist, aber auch viel Freude bringt“, sagt Ulrike Lorke, die im Januar 2020 ihren 8-monatigen Fernlehrgang zur Praxismanagerin erfolgreich abgeschlossen hat: „Gerade in unserem Beruf hat man nie ausgelernt: Ob Medizinwissen, Abrechnung, Praxisorganisation oder Kommunikation und Führung: Man kann immer etwas dazulernen.“ Weiterbildung spielt in der Gemeinschaftspraxis seit jeher eine große Rolle: Regelmäßig finden Schulungen statt etwa zu Brandschutz, Kommunikation, Notfallsituationen in der Praxis und vielem mehr. In internen Infoveranstaltungen vermitteln die Ärztinnen und Ärzte Hintergründe und den aktuellen Forschungsstand zu speziellen Erkrankungen, erläutern Vorgehensweisen in der Funktionsdiagnostik. „So gewinnen wir wertvolles Wissen und Sicherheit in der Versorgung unserer Patienten“, sagt Lorke. „Die Praxisleitung begegnet uns MFAs mit Wertschätzung und kommuniziert auf Augenhöhe, das hilft uns im Praxisalltag.“ Die Patientenzufriedenheit ist hoch, wie zahlreiche positive Bewertungen zeigen. Terminerinnerung, Empfang, Blutabnahme und Testungen, Gestaltung von Wartezeiten: Alle Phasen des Praxisbesuchs werden positiv erwähnt, die Patienten wissen um das „Drumherum“ der medizinischen Behandlung und fühlen sich gut aufgehoben in der Röntgenstraße. „Viele unserer Patienten sind leider schwer erkrankt“, sagt Lorke. „Wir geben alles, um ihnen medizinisch und menschlich die bestmögliche Behandlung zu bieten.
Steckbrief
- Gründung: 1973
- Standorte (mit Adresse): Hauptsitz in der Röntgenstraße 14, 88048 Friedrichshafen, Nebenbetriebsstätte Dialyse in der Angerstraße 7/9, 88213 Ravensburg
- Fachrichtungen: Nephrologie, Kardiologie, Onkologie/Hämatologie, Pulmologie, Diabetologie, eigenes Basis- und OIII-Labor, Dialysestation, Tagesklinik und Endoskopie, Dialyse
- Weitere Abteilungen: Technik, Hauswirtschaft & Reinigung
- Anzahl Ärztinnen & Ärzte: 11
- Anzahl MFAs: 34
- Anzahl Mitarbeitende insgesamt: 160
- 1. Platz Bestes Praxisteam MFA
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