Verlässliche Gesundheitsinformationen im Netz finden
Während immer mehr gedruckte Zeitungen und Magazine vom Markt verschwinden oder nur noch als Online-Publikation erscheinen, ist bei Gesundheitszeitschriften ein gegenläufiger Trend zu beobachten. In jedem Wartezimmer lesen Patienten sehr gern Neuigkeiten zu bestimmten Erkrankungen, über Behandlungsmethoden, Medikamente oder Therapiealternativen. Auch Fallbeispiele sind sehr beliebt.
Patientinnen und Patienten kennen die Apotheken-Umschau
Das erwähnte Urteil hat der Wort & Bild Verlag erstritten. Er bringt u. a. die Apotheken-Umschau heraus, die mit aktuell rund 7 Millionen Gesamtauflage zu den beliebtesten Publikationen für medizinische Laien zählt. Magazin und Verlag wurden mehrfach ausgezeichnet.
Presserechtliche Leitlinien
Woran erkennt man, ob Gesundheitsinformationen seriös sind? Das Bauchgefühl ist dabei kein guter Ratgeber. Professionelle Publizistinnen und Publizisten sowie Verlage halten sich an den Pressekodex. Dieser formuliert ethische Standards für die journalistische Arbeit. Er ist jedoch kein Gesetz, sondern eine Leitlinie. In Ziffer 14 ist die Medizin-Berichterstattung geregelt:
„Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte. Forschungsergebnisse, die sich in einem frühen Stadium befinden, sollten nicht als abgeschlossen oder nahezu abgeschlossen dargestellt werden.“
Der Deutsche Presserat veröffentlicht regelmäßig Rügen für Print- und Online-Medien, die gegen ethische Standards der journalistischen Arbeit verstoßen. Sehr häufig wird gegen die Trennung von Werbung und Redaktion verstoßen, aber auch gegen die Sorgfaltspflicht oder den Persönlichkeitsschutz und die Leitlinien für medizinische Berichterstattung. Für Radio und Fernsehformate sind deren Beschwerdestellen zuständig.
Weitere Qualitätskriterien
Seit 20 Jahren entwickelt und fördert das Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem (afgis) Qualitätsstandards. Es vergibt nach erfolgreicher Zertifizierung ein eigenes kostenpflichtiges Siegel (490 bis 990 Euro/Jahr) und veröffentlicht die Details online. Unter den derzeit als empfehlenswert eingestuften Portalen befindet sich auch gesund.bund.de – gültig bis August 2023. Zu den Qualitätskriterien zählen:
- vollständige Angaben zum Anbieter
- Zweck und Zielgruppe(n) der angebotenen Information
- Autoren- und Informationsquellen
- Daten zu Erstellung, Aktualität und Pflege von Content
- Möglichkeit für Rückmeldung der Nutzenden
- Verfahren der internen Qualitätssicherung
- Trennung von Werbung und redaktionellem Beitrag
- Finanzierung und Sponsoring
- Kooperationen und Vernetzung
- Datenschutz, -übermittlung und -verwendung
Ob Online-Portal, Gesundheits-App, soziales Netzwerk oder Video – Gesundheitsinformationen sollen für Nutzende
- leicht verständlich,
- wissenschaftlich fundiert und
- absolut unabhängig
sein. Letzteres sah das Gericht beim vom Bundesministerium für Gesundheit betriebenen Nationalen Gesundheitsportal nicht.
Marketing-Trend oder echter Mehrwert?
Mit einem Qualitätssiegel unterstreicht man seine Expertise. Während einige – wie die Qualitätsmanagement-Richtlinie (QM-RL) – gesetzlich vorgeschrieben sind, sind andere freiwillig. Nicht wenige sollen die Reputation erhöhen, dienen also mehr Marketingzwecken als seriöser Gesundheitsinformation. Werden Kosten für die Zertifizierung verlangt, sollte der Mehrwert kritisch geprüft werden. Ein redaktioneller Artikel über ein besonderes Ereignis oder eine Personalmeldung Ihrer Praxis in der Regionalpresse oder in einem sozialen Netzwerk kann Ihnen viel mehr nützen (wenn negativ, aber auch schaden!) als ein teures Siegel, das begrenzt gültig und erklärungsbedürftig ist.
Das Institut für Qualität und Transparenz von Gesundheitsinformationen (IQTG) hat auf seiner Website eine Tabelle veröffentlicht, die das mitunter kurze Leben von Zertifizierungen veranschaulichen. Als Faustregel können Sie sich merken: Seien Sie bei Gesundheitsinformationen besonders kritisch, wenn für etwas geworben wird. Weisen Sie auch Ihre Patienten darauf hin. Im Heilmittelwerbegesetz ist beispielsweise geregelt, dass generell keine Heilversprechen gegeben werden dürfen.
Social Media verändert auch die Patientenkommunikation: Beispiele
Nicht erst in der Suche nach MFA-Azubis mischen Influencerinnen mit, wie bei der aktuellen Kampagne „Von Beruf wichtig“ von Bundesärztekammer und kassenärztlicher Bundesvereinigung. Ob Blog, Podcast, Newsletter oder Facebook-Profil – in den sozialen Medien erreichen Akteure ihre Zielgruppe schnell und gezielt.
Der Arzt und Fernsehmoderator Dr. Johannes Wimmer hat auf Instagram 173.000 Follower, übrigens mehr Frauen als Männer, und auf TikTok 50.000 Follower, wie er neulich bei einer Online-Diskussion sagte. Erfahrung ist für ihn das Entscheidende bei Gesundheitsinformationen. Und: „Jeder sollte das machen, was er am besten kann.“ Damit Leute seine Videos schauen, gibt er Produktion und Administration ab und konzentriert sich auf Inhalte. Um eine große Reichweite zu erzielen, braucht es Qualität. „Vorbereitung ist das A und O“, betont Theresa de Grahl, die als Geschäftsführerin einer Videoproduktionsfirma für medizinische Inhalte tätig ist.
Die Initiatorin des Migräne-Podcasts „Unwetter im Kopf", Sabrina Wolf, versucht, leitliniengerechte Informationen zu verbreiten. Doch sie sagt: „Ich kenne meine Grenzen. Ich transportiere Inhalte und kläre auf, aber das ist individuell und aktuell, was mich gerade bewegt.“ Samira Mousa, die auf „Chronisch Fabelhaft“ über Multiple Sklerose schreibt, versteht ihren Blog als medizinisches Tagebuch – ohne Anspruch auf medizinische Korrektheit. Sie sagt: „Ich werde keinen medizinischen Rat geben.“ Sie möchte mit ihrer Zielgruppe kommunizieren
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