TI: Was Sie zu den neuen Pauschalen wissen müssen
Bundesgesundheitsministerium handelt erst kurz vor Fristende
Schon länger war klar, dass die Finanzierung der Telematik-Infrastruktur (TI) von einer Erstattung der angeschafften Komponenten auf eine monatliche Pauschale umgestellt wird. Das heißt: Arztpraxen sollen keinen Antrag mehr einreichen müssen, wenn sie neue Hardware anschaffen. Stattdessen sollen sie eine monatliche Pauschale bekommen, die die durch die TI entstehenden Kosten abdeckt. Was lange Zeit nicht klar war: Wie hoch soll diese Pauschale ausfallen?
Das sollten eigentlich der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) miteinander aushandeln. Doch sie wurden sich nicht einig. Die Verhandlungen platzten im Frühjahr ohne Einigung. Daraufhin war das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in der Pflicht, eine Berechnung der Pauschale vorzunehmen. Dafür hatte es bis zum 1. Juli 2023 Zeit. Kurz vor Fristende steht nun die Höhe der Pauschale fest.
Höhe der Pauschale hängt von den Voraussetzungen ab
Es gibt 3 Modelle für die Pauschalen. Sie richten sich nach dem Zeitpunkt der angeschafften Technik bzw. nach dem Zeitpunkt, an dem der Konnektor getauscht wurde. Außerdem spielt eine Rolle, wie viele Vertragsärzte bzw. -psychotherapeutinnen in der Praxis angestellt sind und wie viele TI-Anwendungen in der Praxis umgesetzt werden. Die Bandbreite der Regel-Pauschalen reicht von 131,67 Euro pro Monat bis zu 323,90 Euro.
Beispiel 1: Wenn in einer Praxis mit 2 Vertragsärztinnen die Erstausstattung der TI vor dem 1. Januar 2021 erfolgte und die Praxis alle TI-Anwendungen einsetzt, erhält die Praxis eine monatliche Pauschale von 237,78 Euro. Fehlt hingegen nur eine der erforderlichen TI-Anwendungen, wird die Pauschale um die Hälfte reduziert. Dann bekommt die Praxis noch 118,89 Euro pro Monat.
Beispiel 2: Wenn eine Praxis mit 7 Vertragsärztinnen nach dem 31. Dezember 2020 ihren Konnektor getauscht hat, erhält die Praxis für 30 Monate eine monatliche Pauschale von 282,23 Euro. Fehlt hingegen nur eine der erforderlichen Anwendungen, wird die Pauschale um die Hälfte reduziert. Dann bekommt die Praxis noch 141,12 Euro pro Monat. Ab dem 31. Monat steht der Praxis eine höhere Monatspauschale von 323,90 Euro zu – vorausgesetzt, sie setzt alle vorgesehenen TI-Anwendungen ein.
Voraussetzung für die volle Pauschale
Um die jeweils volle Pauschale der 3 Berechnungsmodelle zu erhalten, müssen folgende Anwendungen in der Praxis durchführbar sein:
- elektronischer Medikationsplan (eMP)
- Notfalldatenmanagement (NFDM)
- elektronische Patientenakte (ePA)
- elektronische Kommunikation im Medizinwesen (KIM)
- elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
- elektronischer Arztbrief (eArztbrief)
- ab dem 1. Januar 2024: elektronische Verordnungen (eRezept)
Außerdem ist die Ausstattung mit folgenden Komponenten und Diensten nötig:
- SMC-B Smartcard oder SM-B oder eID für Vertragsarztarztpraxen mit gematik-Zulassung
- HBA Smartcard oder eID für Ärzte mit gematik-Zulassung
- eHealth-Kartenterminal(s) inklusive gSMC-KT
- Konnektor bzw. VPN-Zugangsdienst, falls Konnektor in einem Rechenzentrum genutzt wird
Kritik kommt von der KBV
Die Pauschale soll jedes Jahr zum 1. Januar steigen, und zwar dynamisch mit dem Punktwert des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) für ärztliche Leistungen (Orientierungswert).
Das Bundesgesundheitsministerium betont, dass durch die Umstellung auf Pauschalen die Attraktivität für sogenannte Leasing- oder „As a Service“-Modelle steige. Dabei werden die Konnektoren durch Dienstleister in größeren Rechenzentren betrieben und auf dem neuesten technischen Stand gehalten. Die Pauschalen unterstützten damit Praxen, die den Service der TI bereitstellten und die Anwendungen umsetzten. Durch das vorhergehende Modell der Erstattung wurde hingegen in erster Linie die Anschaffung der technischen Ausstattung unterstützt, damit die Praxen an der TI teilnehmen konnten.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung kritisiert, dass sie kaum Zeit hatte, die Berechnung zu bewerten. Sie ist außerdem nicht damit einverstanden, dass die Pauschalen gekürzt werden, wenn eine Praxis auch nur eine der vorgesehenen Anwendungen nicht umsetze. Das sei vor allem für Psychotherapiepraxen ein Problem, die einige der Anwendungen gar nicht einsetzen dürften. Hierfür fehle es an entsprechenden Regelungen.
Die Kürzungen kommen nach Ansicht der KBV Sanktionen gleich. Dabei hätte der Bundesgesundheitsminister versprochen, nicht mehr mit Strafmaßnahmen arbeiten zu wollen, wenn Praxen nicht in vollem Umfang an der TI teilnähmen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Kritik dazu führt, dass sich noch etwas an der Regelung zu den TI-Pauschalen ändern wird. Trotz der sehr kurzen Festsetzung der Vergütung ist die Regelung nämlich bereits in Kraft getreten – ohne Übergangsfrist.
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