MFA: Nachwuchsprobleme in Arztpraxen – woran liegt’s?
Hohe Abbrecherquote lähmt Arztpraxen
Kein anderer Ausbildungsberuf war im Jahr 2021 beliebter: Mehr als 17.000 Ausbildungsverträge zur Medizinischen Fachangestellten wurden geschlossen – so viele wie noch nie. Doch diese Zahl trügt, denn bei näherem Hinsehen haben viele Praxen und MVZ Schwierigkeiten, geeignete Bewerberinnen zu finden. So das Ergebnis einer aktuellen Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Denn immer öfter genügt die Qualifikation der Bewerberinnen nicht den Anforderungen des MFA-Berufs.
Ca. 42 % der Praxen und MVZ bilden MFAs aus – eine Quote, die das Zi angesichts der Situation für relativ hoch hält. Bei größeren Betrieben gäbe es eine höhere Bereitschaft auszubilden, allerdings sei die Zahl der kleinen Betriebe, die Ausbildungsplätze anbieten, so groß, dass sie für einen maßgeblichen Teil des MFA-Nachwuchses sorgten. Die Schwierigkeit liegt also nicht in einer zu geringen Bereitschaft auszubilden.
Eine Ursache der Probleme entstehe eher durch die Bewerberstruktur. Mehr als die Hälfte der vom Zi analysierten Ausbildungsstätten bekam zwar 4 oder mehr Bewerbungen auf eine freie Ausbildungsstelle, aber fast die Hälfte der Bewerberinnen war für den Beruf nicht geeignet. Ein Drittel verfügte nicht über den erwarteten Berufsabschluss der Mittleren Reife. Von denjenigen, die eine Ausbildung begannen, brach zudem ca. ein Drittel ab – davon über 77 % im ersten Ausbildungsjahr.
Die Präsidentin des Verbands Medizinischer Fachberufe (VmF), Hannelore König, warnte in einem Gespräch mit der Ärzte Zeitung, dass die hohe Abbrecherquote die Praxen lähme. „Sie bindet nicht nur personelle Ressourcen bei den ausbildenden Medizinischen Fachangestellten sowie ausbildenden Ärztinnen und Ärzten. Sie wird zusätzlich als negative Erfahrung von den jungen Menschen in den sozialen Medien und in Gesprächen in der Öffentlichkeit geteilt,“ so König.
Warum brechen so viele Auszubildende ab?
Nicht nur die Lücken bei Soft Skills oder der Schulqualifikation sorgen für die Probleme. Eine andere Ursache sei in der Ausbildungsordnung zu suchen. Sie stammt aus dem Jahr 2006. Die Zi-Umfrage ergab, dass die aktuelle Ausbildungsordnung vielen Praxisinhaberinnen nicht mehr zeitgemäß erscheint. Sie passe nicht mehr zu den modernen Anforderungen, die der Praxisbetrieb an den MFA-Beruf stelle.
Der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried leitet aus den Ergebnissen ab, dass grundlegende Kenntnisse über den Praxisbetrieb und die Soft Skills, die für die Kommunikation innerhalb des Betriebs und mit den Patienten gestellt werden, stärker vermittelt werden müssten. Er hält einen modularen Aufbau der MFA-Ausbildung für sinnvoll. So könnten notwendige Qualifikationen schneller erreicht und mit wählbaren Schwerpunktinhalten vertieft werden – je nach Interesse der Auszubildenden und Erfordernissen des Betriebs. Zu den wählbaren Inhalten könnten beispielsweise Praxisorganisation und Digitalisierung gehören.
VmF-Präsidentin Hannelore König wies darauf hin, dass Inhalte zur digitalen Arbeitswelt schon jetzt von den Betrieben und Berufsschulen vermittelt werden könnten. Sie hält es auch für wichtig, dass Auszubildende mehr darüber lernen, wie sie mit sozial schwierigen Situationen umgehen können und wie sie resilienter gegenüber Belastungen werden.
König rechnet damit, dass die Neuordnung frühestens im August 2025 greift – drei Jahre nach der Reform der Ausbildungsordnung für Zahnmedizinische Fachangestellte, die im August dieses Jahres gültig wird. Sie kündigte an, dass der VmF die Ergebnisse der Zi-Umfrage in das Modernisierungsverfahren der MFA-Ausbildungsordnung einbringen werde.
König forderte nicht nur die zuständigen Stellen aufseiten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf, mehr für den MFA-Beruf zu tun. Auch die Bundesregierung müsse die MFAs priorisieren, wenn sie sich der geplanten Stärkung der Gesundheitsberufe annehme. „In einer konzertierten Aktion – beispielsweise im Rahmen eines Bildungsgipfels – sollten alle Möglichkeiten zur Steigerung der Attraktivität und Wertschätzung der MFA zeitnah erörtert und entsprechende Weichen gestellt werden,“ sagte König gegenüber der Ärzte-Zeitung.
Handlungsbedarf besteht auch bei den ausbildenden Betrieben
Ein anderer Grund für die hohe Abbrecherquote liegt aber auch in den Ausbildungsstätten selbst. VmF-Chefin König äußerte sich gegenüber der Ärzte Zeitung so: „Auszubildende müssen feste Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen in ihrer Ausbildung und verlässliche Strukturen vorfinden. Ausbildende Arbeitgeber und Medizinische Fachangestellte als ausbildende Fachkräfte brauchen wiederum nicht nur berufsbezogene Kompetenzen, sondern auch arbeitspädagogische Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten.“
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