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Klima und Gesundheit: Die Arztpraxis als wichtiger Ort des Austauschs

Dass die Klimakrise zugleich eine Krise für die Gesundheit der Menschen bedeutet, ist in vielen Köpfen noch nicht richtig angekommen. Mehrere Initiativen wollen die Arztpraxis als wichtigen Ort für den Austausch zu diesem Thema stärken.

Das Potenzial von Arztpraxen auf dem Weg für mehr Klimaschutz wird noch unterschätzt

Der Klimawandel belastet die Gesundheit. Diese Erkenntnis setzt sich nur langsam durch. Immer noch denken viele Menschen, dass Umweltthemen nicht viel mit ihnen selbst zu tun haben. Dabei steht der Mensch im Zentrum der Krise: Er ist verantwortlich für die Erhitzung der Atmosphäre und er wird darunter massiv leiden.

Die Hälfte der Menschen unterstützt Klimaschutz. Oft wird diese Quote unterschätzt. Darauf weist Cornelia Betsch hin. Sie ist Professorin für Gesundheitskommunikation in Erfurt und hatte bereits in der Corona-Pandemie dazu geforscht, wie sich die Kommunikation auf das Verhalten der Menschen auswirkt. Nun hat sie ein Institut für klimagesundes Verhalten (IPB, Institute for Planetary Health Behaviour) in Erfurt gegründet. Dort will sie mit ihrem Team erforschen, wie sich klimabewusstes Verhalten fördern lässt. Sie sieht die Arztpraxen dabei in einer wichtigen Rolle. Der Ärzte Zeitung sagte sie dazu: „Gespräche in der Arztpraxis finden zumeist in einem vertrauenswürdigen Rahmen statt. Ein Bonus, der aber von vielen Medizinern noch viel zu wenig genutzt wird.“

Betsch betont, dass das Vertrauen zu Ärzten mit 73 %noch höher läge als das zu Wissenschaftlern (62 %). Dagegen vertraue nur die Hälfte aller Bundesbürger Politikern oder auch den öffentlich-rechtlichen Medien.
 

Klimasprechstunden können bei der Aufklärung über Gesundheitsrisiken helfen

Manche Arztpraxen reagieren bereits auf die besondere Art des Gesundheitsstresses durch den Klimawandel und bieten sogenannte Klimasprechstunden an. Der Schwerpunkt: Sich bewusst machen, dass es Handlungsoptionen gibt. Denn durch Veränderungen des eigenen Lebensstils können sowohl eigene Gesundheitsrisiken als auch die von anderen reduziert werden.

Beispiel: Hitzewellen. Sie gefährden Menschen, die bereits unter anderen Erkrankungen leiden, besonders stark. Da Hitzewellen zunehmen werden, muss mit mehr vorzeitigen Todesfällen im Sommer gerechnet werden. Für letzten Sommer ergab eine Auswertung, dass 108.000 mehr Menschen in Europa an Hitze starben als im langjährigen Durchschnitt. Und in Deutschland starben im Juli 2022 12 % mehr Menschen, als zu erwarten gewesen wäre.

In Klimasprechstunden können Ärztinnen mit besonders gefährdeten Menschen gemeinsam überlegen, welche Maßnahmen ihnen während einer Hitzewelle Entlastung verschaffen. Von der Frage, ob es jemanden gibt, der jeden Tag anruft oder vorbeischaut, beim Lüften hilft oder darauf achtet, dass genug getrunken wird, bis zu der Frage, wie bestimmte Medikamente vor Hitzeschäden geschützt werden können, damit sich ihre Wirkweise nicht ändert, und wo möglicherweise Hitzeschutzräume zu finden sind. Gerade Hausarztpraxen kommt hierbei eine entscheidende Rolle in der Prävention zu.

Neben dem individuellen Ansatz können Klimasprechstunden aber auch dazu beitragen, dass der Zusammenhang zwischen eigenem Verhalten, eigenem Wohlergehen und dem der anderen bewusster wahrgenommen wird. Die entscheidende Botschaft: Sich klimafreundlich zu verhalten ist gut für die Gesundheit. Zwei wichtige Schwerpunkte sind dabei die Ernährung und die Mobilität. Weniger Fleisch, mehr regional angebautes Gemüse, weniger Autofahren, mehr Radfahren – all das hilft, Emissionen zu reduzieren und fördert gleichzeitig die Gesundheit.

Klimathemen können so auch im Rahmen von allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen besprochen werden. Sowohl die Psyche als auch das Muskel-Skelett-System, das Herz-Kreislauf-System und das Immunsystem profitieren davon, wenn der Lebensstil auf Klimafreundlichkeit umgestellt wird. Und als positiver „Nebeneffekt“ reduziert klimafreundliches Verhalten auch Gesundheitsrisiken für andere: weniger Feinstaubbelastung, weniger Verkehrslärm, mehr gemeinschaftliches Tun, weniger Einsamkeit. Auch das kann Motivation sein, stärker auf einen klimagesunden Lebensstil zu achten.
 

Vernetzung mit anderen Praxen

Die Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit (KLUG) unterstützt Arztpraxen dabei, diese Rolle einzunehmen. Sie will mit dem Projekt „Transformative Arztpraxen“ den Wissensaufbau und -austausch fördern. Dazu finden bundesweit Symposien, Fortbildungen, Workshops und Vernetzungstreffen statt. In der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin gründeten sich Arbeitsgruppen, in denen auch Positionspapiere erarbeitet wurden, wie Hausarztpraxen mit den Herausforderungen des Klimawandels umgehen können.

Praxisteams, die sich für eine Vernetzung interessieren, können Teil des Praxisnetzwerks werden. KLUG bietet auch individuelle Beratungsgespräche an, unterstützt aber ansonsten auch mit Informationsmaterial und Kampagnen.

Kommunikationswissenschaftlerin Cornelia Betsch betont, wie wichtig es ist, dass dieses Engagement auch honoriert wird. Schließlich müssen nicht nur die nötigen Informationen zu den Patienten kommen, wofür Ärzte sich auch fortbilden müssten, sie brauchen auch Infomaterial. Deshalb schlägt sie vor, eine unabhängige Einrichtung zu gründen, die nach dem Vorbild der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ausschließlich über die Klimakrise und ihre gesundheitlichen Folgen informiert.

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