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Kardiologische Rehabilitation kann von jedem approbierten Arzt verordnet werden

Kürzlich veröffentlichte die Deutsche Herzstiftung den Herzbericht 2021. Die 184-seitige Analyse erschien zum 33. Mal und gibt ein aktuelles Bild der ambulanten und stationären Versorgung von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Daten aus 2020 zeigen auch Verbesserungsmöglichkeiten, die in jeder niedergelassenen Praxis angewendet werden können.

Nach wie vor sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache. Im Jahr 2020 wurden 1.551.630 Patientinnen und Patienten wegen einer Herzkrankheit vollstationär behandelt. Die Koronare Herzkrankheit (KHK/ischämische Herzkrankheiten inklusive akuter Herzinfarkt) ist in Deutschland und der westlichen Welt eine Herzkrankheit mit der höchsten Krankheitslast. 2020 gab es 564.059 vollstationäre Krankenhausaufnahmen mit dieser Diagnose.
 

Weniger KHK-Neu-Erkrankungen und -Sterbefälle, trotzdem mehr Prävention wichtig

Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, sagte dazu: „Die koronare Herzkrankheit, kurz KHK, ist neben Bluthochdruck eine der Hauptursachen für Herzschwäche. In ca. 80 % der rund 65.000 Fälle eines plötzlichen Herztods in Deutschland liegt eine KHK vor. Verbesserte Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten – medikamentös, interventionell und chirurgisch – haben zwar dazu beigetragen, die Zahl an KHK-Neu-Erkrankungen und KHK-Todesfällen in den vergangenen Jahren zu senken. Um allerdings eine noch deutlichere Senkung zu erreichen, braucht es differenzierte Präventionsstrategien, die bereits im Kindes- und Jugendalter beginnen, einen Ausbau der ambulanten kardiologischen Versorgung auch außerhalb der Ballungsgebiete und mehr Investitionen in die kardiovaskuläre Forschung.“
 

Weniger Krankenhausaufnahmen, aber große regionale Unterschiede

Wahrscheinlich bedingt durch die Covid-19-Pandemie kamen 2020 nur 442 Herzkranke pro 100.000 Einwohner in eine Klinik. Ein Jahr zuvor lag die Quote bei 510 vollstationären Fällen pro 100.000 Einwohner. Das heißt, 2020 wurden 57.883 Patienten weniger in einem Krankenhaus wegen einer Herzerkrankung aufgenommen als noch ein Jahr zuvor. Dies entspricht ungefähr der Einwohnerzahl einer Stadt wie Hameln oder Göppingen. Allein auf die Herzinsuffizienz entfielen 429.104 vollstationäre Fälle sowie 34.855 Gestorbene. Sie ist die häufigste Einzeldiagnose von vollstationär Behandelten. Wesentlich mehr Männer als Frauen mussten 2020 wegen einer Herzinsuffizienz stationär behandelt werden (526,8 bzw. 356,5 pro 100.000 Einwohner). Übrigens: Über 65-Jährige mit Herzinsuffizienz müssen etwa 12-mal so häufig wie 45- bis 65-Jährige stationär aufgenommen werden.

Insgesamt fielen die Einweisungszahlen und Sterberaten niedriger aus als in den Vorjahren, was die Experten der beteiligten Fachgesellschaften auf die Covid-19-Pandemie zurückführen. „Nur, wenn es ambulant gar nicht mehr geht, werden KHK-Patienten stationär eingewiesen“, sagte Professor Voigtländer. „Es ist unklar, inwieweit die Covid-19-Pandemie 2020 als neu hinzugekommene Todesursache mit fast 40.000 Sterbefällen 2020 die aktuelle Statistik nun mit beeinflusst hat. Viele der an oder mit Covid Verstorbenen waren auch ältere Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“

Während in Bremen, Baden-Württemberg, Sachsen und Hamburg weniger vollstationäre Fälle aller ausgewählten Herzkrankheiten (ischämische Herzkrankheiten [KHK], Herzklappenkrankheiten, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, angeborene Fehlbildungen) registriert wurden, lag die Hospitalisierungsrate in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen- Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Berlin und dem Saarland über dem Bundesdurchschnitt.
 

Positiver Behandlungstrend, aber ungleiche Versorgungsdichte

Die Deutsche Herzstiftung hob hervor, dass sich der positive Trend bei der Behandlung von Herzerkrankungen fortsetzt. Dennoch muss weiterhin eine immens hohe Zahl an Patienten stationär behandelt werden bzw. verstirbt daran. Die deutliche Abnahme der kardiologischen und herzchirurgischen Versorgung im Pandemiejahr 2020, insbesondere planbare Eingriffe, sieht die Deutsche Herzstiftung mit Sorge.

Zwei Aspekte gab die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) zu bedenken: Herz-Kreislauf-Erkrankungen betreffen in erheblichem Maße auch schon jüngere Menschen. Inwiefern die ausgefallenen oder verspätet durchgeführten Eingriffe die langfristige Prognose und Gesundheit der Patienten beeinträchtigen, lässt sich derzeit nicht abschätzen.

Zahlenaffinen MFAs sei der Blick in die Statistiken der Vertragsarztdichte empfohlen (Bericht, Seite 131). Am dichtesten mit zugelassenen Kardiologen versorgt waren 2020 Bremen, Saarland, Sachsen und Hamburg, während kardiologisch tätige Fachärzte in Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Schleswig-Holstein wesentlich mehr Herzkranke zu betreuen hatten. 3.486 Kardiologinnen und Kardiologen nahmen laut Bundesarztregister am Stichtag 31.12.2020 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Davon waren 1.818 Vertragsärzte, 52 Partnerärzte, 1.017 angestellte Ärzte und 599 ermächtigte Ärzte.
 

Bei Nachsorge auch an ambulante Herzsportgruppen denken

„Die Kardiologische Rehabilitation ist noch relativ unbekannt“, konstatierte der Lübecker Professor Bernhard Schwaab als Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e.V. (DGPR). Basis der KardReha ist eine leitliniengerechte Bewegungstherapie als aerobes Ausdauertraining oder ein Intervalltraining mit moderater Intensität, ergänzt um Kraft-Ausdauertraining (dynamisches Krafttraining), die nach akutstationärem Aufenthalt die Teilnahme an Herzgruppen beinhaltet. Für Patienten mit Herzinsuffizienz verbessert sie die körperliche Belastbarkeit, erhöht die Lebensqualität und kann Wiedereinweisungen verhindern. Zudem werden weitere Inhalte der Sekundärprävention vermittelt. Aber: „Die derzeitige Zuweiserquote zwischen 7 und 13 % ist deutlich zu gering“, monierte Schwaab. Herzinsuffizienzgruppen als von der DGPR entwickelte ambulante Trainingsform werden von allen gesetzlichen Krankenkassen anerkannt. Und: „Jeder approbierte Arzt kann die KardReha verordnen.“

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