

Hoher Ressourcenverbrauch wegen ausufernder Hygienevorschriften?

Der Gesundheitssektor trägt in Deutschland mit etwa 5 % zum gesamten Ressourcenverbrauch und den Treibhausgasemissionen bei. Im stationären Bereich gibt es schon seit Längerem Bemühungen, diese zu reduzieren. Doch auch immer mehr Praxen machen sich Gedanken, wo und wie der Material- und Ressourcenverbrauch eingedämmt werden könnte. Eine Schwierigkeit dabei: die umfangreichen Hygienevorschriften. Darauf macht das Gutachten des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aufmerksam.
Hygienevorschriften nicht passend
Die Forschenden analysierten die derzeitigen Hygieneanforderungen der Bundesländer und sprachen mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie medizinischem Personal. Dabei stellte sich heraus, dass viele Vorgaben auf stationäre Einrichtungen ausgerichtet und für den ambulanten Sektor oftmals zu weitreichend sind. Vor allem in konservativ arbeitenden Praxen, z. B. im hausärztlichen Bereich, würden dafür übermäßig viele personelle und natürliche Ressourcen verbraucht. Für diese Praxen existieren zudem keine expliziten Vorgaben in den Medizinhygieneverordnungen der Bundesländer, wie es bei Praxen mit ambulanten Operationen oder Dialyseeinrichtungen der Fall ist. Das führe zu einem unnötig erhöhten Verbrauch, insbesondere von Einwegmaterialien und Desinfektionsmitteln. Die Patientensicherheit werde dadurch nicht zwingend verbessert.
„Klar ist, dass der Ressourcenverbrauch gesenkt werden muss“, sagte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, in einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung des Gutachtens. Doch ein zunehmend enger geschnürtes Regelkorsett sorge dafür, dass die Niedergelassenen in ihren Arztpraxen enorm viel Müll produzieren müssten. „Hier brauchen wir dringend pragmatische Vorgehensweisen, um die enorme Ressourcenverschwendung in den Griff zu kriegen.“
Angemessen oder nicht?
Die Meinungen der Praxisteams über den Einsatz der vielen Ressourcen sind geteilt. Im Rahmen des Gutachtens wurden 666 Ärztinnen und Ärzte sowie MFAs befragt. 51 % halten die Anforderungen des Hygieneplans, der von jeder Praxis erstellt werden muss, für angemessen. 44 % empfinden sie als zu weitreichend. Als herausfordernd wurde die Umsetzung ressourcenschonender Maßnahmen genannt, insbesondere in Bezug auf Einmalprodukte und Abfallentsorgung.
Die Mehrheit der Befragten findet zudem die baulichen Hygienevorgaben praxisfern und schwer umsetzbar. Die Überwachung der Gesundheitsämter ist für 46 % zu weitreichend, insbesondere was beispielsweise willkürliche Kontrollen angeht.
Verbesserungsvorschläge
Basierend auf den Studienergebnissen wurden mehrere Empfehlungen entwickelt, um den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, ohne die Hygienestandards zu gefährden:
- Anpassung der Hygienevorgaben: Entwicklung spezifischer Richtlinien für den ambulanten Bereich, die die tatsächlichen Risiken und Anforderungen sowie Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen.
- Einbeziehung der Medizinproduktehersteller: Sie sollten ebenfalls zur Beteiligung an Maßnahmen zur Ressourcenschonung verpflichtet werden. Darüber hinaus könnten sie Informationen zum ökologischen Fußabdruck der einzelnen Produkte bereitstellen.
- Schulung des Personals: Regelmäßige Fortbildungen für MFAs und ZFAs, um effiziente und umweltschonende Hygienemaßnahmen umzusetzen. Auch im Medizinstudium sollte die Hygieneausbildung angepasst werden.
- Forschung vorantreiben: Projekte mit hohem Potenzial zur Ressourcenschonung identifizieren und fördern
Stephan Hofmeister sieht vor allem einen hohen Anpassungsbedarf der zahlreichen Vorgaben der Hygienegesetzgebung. „Generell gilt: Ständig neue Anforderungen und praxisferne Bestimmungen rauben den Niedergelassenen wichtige Zeit für ihre Patientinnen und Patienten. Auch beim Thema Hygiene müssen wir dringend Bürokratie abbauen und die Rahmenbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte verbessern.“
MT
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