Corona: Expertenrat empfiehlt für Herbst Strategiewechsel
Expertenrat der Bundesregierung spricht sich für spezielle Schutzkonzepte aus
Wie wird es im Herbst mit Corona weitergehen? Welche Maßnahmen sollen ergriffen werden, um die besonders gefährdeten Menschen vor schweren Covid-Erkrankungen und Tod zu schützen, wenn sich das Virus wieder stärker verbreitet? Mit diesen Fragen hat sich der von der Bundesregierung eingesetzte Expertenrat auseinandergesetzt und seine elfte Stellungnahme zur Corona-Pandemie veröffentlicht.
Darin skizziert er 3 Szenarien: ein günstigstes Szenario, ein Basisszenario und ein ungünstiges Szenario. Je nachdem, welches der 3 Szenarien der tatsächlichen Situation am nächsten kommt, sollten die Schutzkonzepte angepasst werden. Der Rat empfiehlt schon jetzt eine vorausschauende Vorbereitung, damit die Reaktionszeiten möglichst kurz gehalten werden können.
Ganz generell hält der Rat einen Strategiewechsel für angebracht. Der Fokus solle nicht mehr auf allgemeinen Eindämmungsmaßnahmen liegen. Vielmehr solle der Schutz der vulnerablen Gruppen im Mittelpunkt stehen. Die genaue Ausgestaltung hinge dann davon ab, welches der 3 Szenarien eintrete.
Im günstigsten Fall verbreitet sich eine Variante, die zwar ansteckender als die derzeit vorherrschende Omikron-Variante ist, aber nicht zu mehr schweren Verläufen führt. Der Anteil der schweren Verläufe hängt maßgeblich mit dem Grad der Immunisierung vor allem in den vulnerablen Gruppen zusammen. Deshalb empfiehlt der Rat in jedem Fall eine Impfkampagne, die darauf abzielt, Impflücken bei den Risikogruppen zu schließen: durch Grundimmunisierung, durch einen zweiten Booster oder durch einen auf die Variante angepassten Impfstoff (der im Herbst zur Verfügung stehen könnte).
Im ungünstigsten Fall setzt sich eine Virusvariante durch, die sowohl über eine verstärkte Immunflucht verfügt als auch die Krankheitslast erhöht. Bei diesem Szenario könnte es nötig sein, wieder allgemeine Maßnahmen anzusetzen, wie zum Beispiel Maskenpflicht in Innenräumen und Kontaktbeschränkungen.
Eine Voraussetzung dafür, möglichst schnell reagieren zu können, ist laut Experten eine bessere Fähigkeit zum Echtzeitmonitoring. Man müsse von der 7-Tage-Inzidenz als alleiniger Maßstab wegkommen und die allgemeine Krankheitslast sowie die Hospitalisierungsrate mit in die Bewertung einfließen lassen. Das sei auch im günstigsten Szenario notwendig, weil es ohne allgemeine Eindämmungsmaßnahmen zu einem hohen Krankenstand kommen könne. Vor allem Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen zusammenleben oder arbeiten, müssten mit mehr Fehlzeiten wegen Covid rechnen – ebenso ihre Arbeitgeber.
Gutachten des Sachverständigenrats für Ende Juni erwartet
Neben dem Expertenrat hat die Bundesregierung auch einen Sachverständigenrat eingesetzt, der die bisher ergriffenen Maßnahmen evaluieren soll. Das heißt, er soll beurteilen, wie wirksam die Maßnahmen aus wissenschaftlicher Perspektive waren und wie viel Schäden sie möglicherweise verursacht haben.
Marco Buschmann, der Bundesjustizminister von der FDP, möchte dieses Gutachten abwarten, bevor er über Maßnahmen entscheidet, die im Herbst erlassen werden könnten. Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister von der SPD, sieht schon jetzt die Notwendigkeit, das Infektionsschutzgesetz zu verlängern. Es gilt bis zum 23. September.
Der Sozialverband VdK fordert unterdessen die Bundesregierung auf, die kostenlosen Bürgertests bis zum Winter zu verlängern. Im Moment ist noch nicht klar, ob die kostenlosen Bürgertests ab dem 30. Juni wegfallen sollen. Der VdK hält die Tests für ein wichtiges Instrument, um Bewohnerinnen von Pflegeheimen zu schützen, weil so Besucher vor dem Betreten von Einrichtungen, in denen viele Menschen zur Risikogruppe gehören, leichter getestet werden können. Darüber hinaus sollte die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr beibehalten und in Geschäften wieder eingeführt werden, so die Forderungen des VdK.
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