Arztpraxis: Die ambulante Versorgung wird weiblich
Struktur der ambulanten Versorgung ändert sich
Rund 530.000 Mediziner, Zahnärztinnen und Psychotherapeuten arbeiteten Ende 2022 in Deutschland – knapp die Hälfte, nämlich 250.000, im ambulanten Bereich. Das sind rund 1.700 medizinische Leistungserbringer weniger als im Jahr davor (Zahlen der Stiftung Gesundheit). Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) nahmen mehr als 185.000 Ärztinnen, Zahnärzte und Psychotherapeutinnen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Das heißt, sie haben eine Zulassung der Gesetzlichen Krankenkassen und rechnen ihre Leistungen mit diesen ab.
Bereits seit Jahren verändert sich die Struktur des ambulanten Sektors. Der Trend geht weg von der Einzelpraxis hin zu Berufsausübungsgemeinschaften bzw. Praxisgemeinschaften, immer mehr Ärztinnen und Psychotherapeuten arbeiten angestellt und in Teilzeitmodellen. Das hat auch damit zu tun, dass sich das Geschlechterverhältnis ändert. 2022 gab es zum ersten Mal mehr Frauen als Männer, die in der ambulanten Versorgung tätig waren. Die Frauenquote stieg auf 50,3 %.
Unterschiede in der Frauenquote
In einzelnen Fachrichtungen sind die Unterschiede in der Geschlechterverteilung besonders groß. So sind z. B. fast 77 % der ambulanten Psychotherapeuten weiblich, bei den Gynäkologen sind es rund 72 %, bei den ärztlichen Psychotherapeuten fast 67 %, bei Kinder- und Jugendlichenpsychiatern gut 66 % und bei Kinderärzten fast 59 % (Zahlen der KBV).
Außerdem gibt es regionale Unterschiede. In den östlichen Bundesländern ist der Frauenanteil höher, genauso wie in den Stadtstaaten der westlichen Bundesländer. Unterschiede gibt es auch in den Altersgruppen. Bei den unter 40-Jährigen kommen 58 Ärztinnen auf 42 Ärzte, bei den über 65-Jährigen sind es nur 27 Ärztinnen auf 73 Ärzte. Das wirkt sich auch auf die Arbeitsverhältnisse aus. War bei den älteren Jahrgängen eine eigene Praxis noch Standard, arbeiten die jüngeren immer öfter angestellt und in Teilzeit. Die meisten Niedergelassen arbeiten zwar noch klassisch in eigener Praxis (Ärzte: 64 %, Psychologische Psychotherapeutinnen: 87 %), aber sie entscheiden sich immer öfter für flexiblere Arbeitszeitmodelle.
Rund 46.000 Ärztinnen und Ärzte arbeiten im ambulanten Sektor angestellt, das ist eine Zunahme von 141 % seit 2012. Der Anteil derer, die in Teilzeit tätig sind, hat sich in den vergangenen 10 Jahren sogar um 285 % erhöht, auf inzwischen gut 58.000. Das exponentielle Wachstum bei Anstellung und Teilzeitmodellen trägt auch dazu bei, dass die Ressource Arzt nicht zunimmt, obwohl mehr Köpfe im Jahr 2022 in der ambulanten Versorgung tätig waren. Die Zahl der Vertragsärzte und -therapeutinnen nahm im Vergleich zu 2021 zwar um 1.962 zu, gleichzeitig reduzierte sich der Umfang der Leistungen leicht um 0,1 %.
Ein Drittel der Hausärzte ist älter als 60
Die Zahl der Hausärztinnen und Hausärzte sank im vergangenen Jahr zwar statistisch gesehen nur leicht, nämlich um 0,3 %. Doch da ca. ein Drittel von ihnen 60 Jahre oder älter ist, wird es in Zukunft wohl weniger Hausarztpraxen, so wie wir sie kennen, geben. Denn der Trend zeigt: Praxisniederlassungen sind out. In 14 von 16 Bundesländern ließen sich im vergangenen Jahr weniger Ärzte nieder als zuvor.
So gab es in Nordrhein-Westfalen 19 % weniger Ärzte und Ärztinnen in eigener Praxis und in Mecklenburg-Vorpommern 9,3 % weniger Zahnärztinnen und Zahnärzte. Im Gegensatz dazu wuchs aber die Zahl der in Praxen und Medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte um 33,4 %. Und auch die Zahl der niedergelassenen Psychologischen Psychotherapeutinnen stieg.
Der demographische Wandel sorgt also einerseits dafür, dass in Zukunft mehr ambulante Versorgungsleistungen nachgefragt werden und andererseits dafür, dass diese Leistungen immer seltener von männlichen Ärzten in Einzelpraxen erbracht werden, die Vollzeit vor Ort sind. Dass Patienten ihr Leben lang von ein und demselben Hausarzt betreut werden, ist wohl ein Auslaufmodell. Stattdessen wird die ambulante Versorgung teambasierter, auch wenn sich Ärztinnen und Ärzte für eine eigene Praxis entscheiden. Denn mit dem demographischen Wandel stirbt wohl auch die 60-Stunden-Woche bei Niedergelassenen aus, weil sie sich schlecht mit Familie und Freizeit vereinbaren lässt.
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